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Kolumne

Zerbrochen und geschliffen

04.04.2021

Christoph Zingg
Christoph Zingg

Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Fachleute und politisch Verantwortliche sind angesichts der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen der Pandemie herausgefordert wie nie zuvor. Darum erinnere ich Sie gerne an die Seefahrerkirche auf der holländischen Wattinsel Terschelling: ein einfacher Holzbau in naher Distanz zum Ufer, an das die Nordsee unaufhörlich ihre Wellen wirft. Der Innenraum der Kirche ist geschmückt mit Passions- und Osterbildern, die aus Treibholz gefertigt sind. Szenen des Leidens, Sterbens und Auferstehens Jesu, geformt aus Trümmerstücken, die die Nordseewellen an den Strand gespült haben. Während Monaten wenn nicht Jahren im Wasser geformt: zertrümmert, zerbrochen, geschliffen.

Diese Trümmerteile finden in den Passions- und Osterbildern in der Seefahrerkirche auf Terschelling zu einer neuen, tiefen Botschaft: zur Osterbotschaft. Zur Erinnerung an den gewaltsamen Tod Jesu von Nazareth. Zur Erinnerung an den dritten Tag, als die Frauen, die den Leichnam Jesu pflegen wollten, das Grab leer fanden und zurückgeschickt wurden: Sucht den Lebenden nicht bei den Toten. Zur Erinnerung an unseren Gott und Schöpfer, der aus den Trümmern jeden Lebens etwas Neues, Lebensfähiges zu schaffen vermag.

Die Pandemie legt Tausende von sicher geglaubten Existenzen in Trümmer, quer durch alle Gesellschaftsschichten und Berufsgattungen hindurch. Auch als Leitende – ob in Kirchen, Werken oder Unternehmen – stehen wir dieser Entwicklung gleichsam hilflos gegenüber. Wir haben kein Patentrezept. Aber wir dürfen auf Gott vertrauen, der aus den Trümmern jeden Lebens neues Leben wachsen lassen kann. Wo wir diese Hoffnung teilen und in unserem täglichen Handeln glaubhaft vermitteln können, ist ein erster Schritt aus den Nöten der Pandemie geschafft. 

Christoph Zingg ist Gesamtleiter der Sozialwerke Pfarrer Sieber in Zürich. www.swsieber.ch

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