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Kolumne

Von der Vergangenheit eingeholt

18.07.2023

Daniel Rehfeld
Daniel Rehfeld

„Mir geht es gut. Aber ich merke, wie dünn das Eis ist. Manche Dinge treffen mich tief.“ Diese Sätze stammen von Jörg Meyrer, dem katholischen Pfarrer von Bad Neuenahr-Ahrweiler, einer Kleinstadt im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz. Sein Wirkungsort geriet vor genau zwei Jahren in die internationalen Schlag­zeilen, als ein gewaltiges Unwetter mit anschliessendem Hochwasser losbrach und die Stadt in Trümmer legte. 180 Menschen starben in den Fluten, 69 von ihnen lebten in besagter Stadt. Brücken wurden niedergerissen, Häuser weggespült, ganze Landstriche versanken in den Fluten. Auch wenn der Fortschritt nach zwei Jahren allmählich sichtbar ist, die Geschäfte wieder geöffnet sind und sogar vereinzelte Touristen den Ort besuchen, werden die Bewohnerinnen und Bewohner immer wieder von der Vergangenheit eingeholt. Sei es, weil die Energie fehlt, die Prozesse langsam voranschreiten oder schlicht zu wenig Personal vorhanden ist. Und Meyrer stellt bedrückt fest, dass der Zusammenhalt schwieriger geworden sei.

Schmerzhafte Erfahrungen brennen sich ein. Sie prägen das Leben und nicht selten kommt es zum Flashback, einem Phänomen, bei dem man einen früheren Gefühlszustand plötzlich intensiv wiedererlebt und vorübergehend handlungsunfähig werden kann. Dabei spielen einschneidende Erlebnisse in der Kinderzeit eine besonders gewichtige Rolle. Kein Wunder, dass die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter in ihrem Jahresbericht von letzter Woche besonders auf das Wohl der minderjährigen Kinder blickt. Bei Rückführungen von Familien in ihre Herkunftsländer kritisierte sie einzelne Situationen, in denen Eltern in Anwesenheit ihrer Kinder gefesselt wurden. Sie empfahl, solche Praktiken künftig zu unterlassen, denn das Risiko einer Traumatisierung sei bei Minderjährigen besonders hoch.

Auch wenn wir in der Schweiz gemäss neuestem Bericht des Gesundheitsobservatoriums zu den glücklichsten Menschen der Welt gehören und es keine einheitlichen Zahlen zu traumatischen Erkrankungen gibt; jeder kann von einem einschneidenden Ereignis getroffen werden, sei es körperlicher oder seelischer Art. Wohl dem, der sich dann der Vergangenheit stellt und sowohl einen stärkenden Gott wie auch eine verständnisvolle Betreuung zur Seite hat. 

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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