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Kolumne

Jesus an der Chilbi

16.10.2023

Vergangenes Wochenende war Chilbi in unserem Dorf. Schiessbude, Karussell und Schifflischaukel. Ein paar Beizen, ein Korbflechter und die heimischen Honigmacher. Viel mehr ist da nicht. Physisch ein Wurm. Emotional eine riesige Sache. Die Kinder sind Wochen zuvor nervös und auch die Erwachsenen reden von nichts anderem mehr. Als Zugezogene hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Zwischen Zuckerwatte und Öpfel­chüechli mit Vanillesauce tauchte ein Gedanke auf. Würde ich Jesus an der Chilbi treffen, platzte wohl ein „Was, du auch hier?“ aus mir raus. Der Messias, wie er sich im TV-Chäller auf eine Festbank quetscht, Raclette isst, sich Wein nachschenken lässt und zur Musik des unterbegabten Alleinunterhalters tanzt? Schon schräg, dass ich mir Jesus nur schwer beim Feiern vorstellen kann. So richtig. Nicht nur Kindergeburtstags-Niveau. In der Bibel werden Gott und Festen oft zusammen gedacht. Es wird nicht nur ein Fest im Jahr installiert, sondern gleich mehrere. Lebensabschnitte und -übergänge werden gefeiert. Das erste Wunder von Jesus: Wein auf einer Hochzeit. Matthäus schreibt davon, dass Jesus von seinen Feinden als Säufer und Fresssack bezeichnet wurde, weil er sich so oft einladen liess. Jesus an der Chilbi – der Gedanke nimmt Gestalt an. 

Der Morgen danach. Unten im Dorf wird gehämmert, Abbau des Karussells. Feiern beginnt beim Nichteiern. Wenn jeder Tag besonders ist, ist es am Ende keiner mehr. Ich will laut, farbig, mit Moscato und Bergen voll Ungesundem und mit Vorfreude feiern. Und ich will den Alltag wieder Alltag sein lassen. Gewöhnlich, unaufgeregt und manchmal auch etwas langweilig. Immer in der Hoffnung, Jesus zu treffen – egal ob auf der Tanzfläche oder im S-Bahn-Pendlerverkehr.

Tamara Boppart arbeitet bei Campus für Christus Schweiz und wohnt mit ihrer 6-köpfigen Familie in Wil/ZH.

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