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Kolumne

Das Comeback der Treue

25.10.2022

Daniel Rehfeld
Daniel Rehfeld

Wie habe ich mir die Augen gerieben, als ich letzte Woche auf der Frontseite der Neuen Zürcher Zeitung folgende Sätze entdeckte: „Frauen bestimmen über ihren Körper, leben ihre Sexualität frei aus und nehmen sich, was sie wollen – wie die Männer. So lautete ein Versprechen der sexuellen Revolution. Heute zeigen sich die negativen Folgen dieser liberalisierten Sexualität.“ Ungewöhnliche Worte in einem liberal geprägten Medium. Diese Erkenntnis stammt allerdings nicht von christlichen Eheberatern, sondern von zwei Feministinnen, die so ziemlich ausprobiert haben, was das Leben feilhält. Da ist einerseits die 38-jährige Autorin Nona Willis Aronowitz, die in den Staaten eine Kolumne für „Teen Vogue“ schreibt. Nach einer Odyssee durch diverse Beziehungsformen und sexuellen Praktiken mit beiden Geschlechtern kam sie zu folgender Einsicht: „Heimlich wünschte ich mir Monogamie. Ich war wie jede andere Frau, die ihren Mann an sich binden will.“ Diese Erfahrung ist die Absage an eine unrealistische, wiederum einengende Ideologie, die Frauen lehren wollte, dass sich Hingabe nicht mit Autonomie verträgt, schreibt die NZZ.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt die britische Feministin Louise Perry. Sie glaubt, dass die „sexuelle Befreiung“ neue Zwänge auferlegt hat, und kommt zum Schluss, dass Sex ohne Liebe viele Menschen unglücklich macht. In einem Interview mit der Sonntagszeitung sagt sie, dass viele mit der neuen Freiheit gar nicht glücklich seien, weil sie sich einer Erwartung anpassen würden, die das liberale Dogma an sie stelle. Und plädiert für die Ehe mit den Worten: „Sie bildet eine rechtliche Verbindung zwischen Müttern und Vätern, die sich nicht so ohne Weiteres auflösen lässt.“ Richtig romantisch tönt das zwar nicht, aber verbindlich.

Auch wenn sich nicht alle Voten der beiden Autorinnen mit der ursprünglichen Schöpfungsabsicht decken, ist es doch erstaunlich, zu sehen, wie die Sehnsucht nach Verbindlichkeit, Ergänzung und Liebe mehr im Menschen verwurzelt zu sein scheint, als er selbst für möglich hält. Die biblischen Rahmenbedingungen für eine erfüllte Ehe sind offensichtlich kein alter Zopf. Liebe, Treue, Wertschätzung, Achtung, Selbstbeherrschung sind Tugenden, die ein Comeback erleben, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Louise Perry begründet ihr Plädoyer für die Ehe so: „Für viele Traditionen, die man pflegte, gab es handfeste Gründe, und manchmal entdeckt man die erst, wenn man die Traditionen abschafft.“ 

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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