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Kolumne

Ausrangiert

05.03.2024

Das Ende der Re 4/4 II scheint besiegelt. Wenn Ihnen diese Abkürzung nicht gerade geläufig ist, kein Problem. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich um die wohl bekannteste und meistproduzierte Schnellzug-Lokomotive der letzten Jahrzehnte. Früher in obligatem Dunkelgrün gehalten mit dem auffälligen Schweizerwappen auf der Stirnseite, zog sie den legendären Swiss-Express oder die Intercity-Züge auf der Ost-West-Achse von St. Gallen nach Genf. Heute wird sie nur noch im regionalen S-Bahn-Verkehr, bei Güterzügen oder Fan-Extrazügen eingesetzt. Ab 2033 soll gänzlich Schluss sein. Auf Bahnforen wird derweil getrauert und auch in mir kommt leise Wehmut auf. Als ich vor bald 34 Jahren meine Ausbildung bei der SBB begann, war diese Lok das Prunkstück der Flotte. Nun hat sie ihre Pflicht und Schuldigkeit getan, nach 60-jähriger Lebensdauer wird sie durch eine Nachfolgerin ersetzt. Die Zeiten ändern sich eben und damit auch die Bedürfnisse. Tempo und Zweckmässigkeit scheinen gefragter als Betriebsdauer und Ästhetik. 

Nun kann man darüber philosophieren, ob der technologische Fortschritt, der ja auch in anderen Branchen zu beobachten ist, gut oder schlecht ist. Darauf verzichte ich an dieser Stelle. Stattdessen möchte ich das Statement eines Lokführers hervorheben, der jahrelang auf dem Führerstand sass: „Mich hat die Lokomotive nie im Stich gelassen“, lautet sein Urteil. Welch ein Kompliment, auch wenn es nur für eine technische Errungenschaft ist. In der Geschichte der Re 4/4 II steckt allerdings viel Symbolik. Auch wir haben eine Lebensdauer. Wir haben eine Blütezeit. Wir haben Talente. Wir haben einen Auftrag. Wir haben ein Ziel. Wir haben ein Umfeld. Und wir haben eine Bestimmung. Je nach Lebensphase ändern sich Rahmenbedingungen, Umstände oder Bedürfnisse. Der Auftrag hingegen bleibt gleich. „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit aller deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand!“ Und: „Du sollst deine Mitmenschen lieben wie dich selbst!“ (Lk 10,27, NGÜ). In welcher Form das geschieht, ist individuell. So wie Gott jeden Menschen einzigartig geschaffen hat und mit jedem seinen Weg geht. Ob im Hochbetrieb oder auf dem sprichwörtlichen Abstellgleis. Ich wünsche mir, dass wir Christen als verlässliche Partner dieser Gesellschaft wahrgenommen werden. Auf den Schienen dieser Welt aber mit dem Strom von oben.

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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