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Frei-/Kirchen

Die Menschen an der Hand nehmen

22.09.2016

Vom Auftrag begeistert: Jim Bühler, Roman Meury, Urs Wunderli und Adrian Jaggi wollen der Evangelisation Impulse verleihen.   Foto: idea/Rolf Höneisen
Vom Auftrag begeistert: Jim Bühler, Roman Meury, Urs Wunderli und Adrian Jaggi wollen der Evangelisation Impulse verleihen. Foto: idea/Rolf Höneisen

Roman Meury, Sie leiten das Team von Swiss-e-motion. Was ist Ihr Anliegen?

Roman Meury: Wir unterstützen Leiter und Pastoren von christlichen Gemeinden darin, den evangelistischen Auftrag neu zu entdecken und entsprechenden Gemeindebau zu fördern.Evangelisation und Mission haben in der Schweiz schlechte Karten. Evangelisieren ist verpönt. Jeder soll glauben was er will - wozu also die ganze Mühe?Adrian Jaggi: Ich lebe einfach das, was ich glaube. Wenn ich Jesus richtig verstehe, war es sein Kerngeschäft, Menschen für eine Beziehung mit ihm, respektive dem Vater, zu gewinnen. Also versuche ich das auch. Es lohnt sich, ins Kerngeschäft von Jesus zu investieren. Ich möchte andere motivieren, dies ebenfalls zu tun.Sünde, Teufel, Hölle haben in der Gesellschaft ihre Bedeutung verloren; genauso die Gottesfurcht. Die Menschen verstehen nicht mehr, wofür Jesus gestorben ist. Das Evangelium greift nicht mehr. Wozu sollen sich Menschen denn mit Gott versöhnen? Was nun?Jim Bühler: Ich bin überzeugt, dass das Evangelium auch heute relevant ist. Unsere Botschaft ist überaus aktuell. Aber - wir können nicht mehr gleich darüber reden wie noch vor 30 Jahren. Menschen haben eine Sehnsucht nach Transzendenz. Sie leiden daran, dass Beziehungen oft nicht gelingen. Dieser Schmerz sitzt tief. Und hier haben Christen Antworten. Die Bibel ist ein Beziehungsbuch. Versöhnung mit Gott führt auch zur Versöhnung mit Menschen.Urs Wunderli: Der Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung weist nach, dass die Schweizer hochreligiös sind. Menschen wollen glauben. Sie suchen eine Beziehung, genauso, wie Gott eine Beziehung zu den Menschen sucht. Das war vor 30 Jahren anders. Da wurde viel mehr auf der dogmatischen Ebene über die genannten Begriffe wie Sünde, Hölle, Erlösung usw. diskutiert. Das ist immer noch relevant. Ich meine aber, dass wir heute die Beziehungsfrage stärker betonen sollten, um aufzuzeigen, wie spannend ein Vertrauensverhältnis mit Gott ist. Evangelisation ist kein Müssen. Es ist ein natürlicher Ausdruck einer inneren Überzeugung. Es ist faszinierend, mitzuerleben, wie Gott Menschen anspricht und sie befähigt, ihrem Leben eine gute Richtung zu geben.Roman Meury: In den 1970er-, 1980er-Jahren fanden grosse Evangelisationen statt. Damals war das Bewusstsein um die Existenz Gottes und das Bewusstsein von Schuld in der Gesellschaft noch weitgehend vorhanden. Das ist heute anders. Die Menschen müssen darauf vorbereitet werden, dass Gott gegenwärtig ist und Interesse an ihnen hat. In Gesprächen stelle ich fest, dass die Menschen durchaus viele Fragen haben, beispielsweise zum aktuellen Weltgeschehen oder warum so viel Schlimmes passiert. Beim gemeinsamen Nachdenken über mögliche Gründe ist es durch Fragenstellen möglich, diese schwierigen Themen bis hin zu Gott hinzuführen und seiner Antwort darauf. Im Gegensatz zu früher, gilt es heute diese Vorarbeit zu leisten - aus Liebe zum Nächsten.Da frage ich mich: Haben die Christen in den letzten 30 Jahren ihren Job nicht gemacht?Urs Wunderli: Die Fehlersuche bringt uns nicht weiter. Gesellschaften verändern sich. Blickt man auf die Kirchengeschichte, ist zu erkennen, dass die Kirche ihrer Zeit manchmal voraus war, manchmal aber auch hinterherhinkte. Jede Generation muss sich neu fragen, wie sie das Evangelium auf verständliche Art und Weise kommunizieren kann.Jim Bühler: Betrachtete man die Evangelisation früher mehr als punktuelles Ereignis im Rahmen eines Events, sehen wir heute immer deutlicher, dass sie ein Prozess ist. Wir müssen die Menschen an der Hand nehmen und sie begleiten. Hier gilt es, in Kirchen und Gemeinden neu zu denken.Es gibt Kirchen, wo immer wieder suchende Menschen hingehen. Andere werden gemieden. Lässt sich sagen, was den Unterschied ausmacht?Adrian Jaggi: Gemeinden, die für die Gesellschaft relevant sind, machen zuerst einen inneren Prozess durch. Zugespitzt gesagt: Die Christen stehen teilweise sich und dem Auftrag der Evangelisierung selber im Weg. Das ist nichts Neues. Schon Jesus hat das erlebt. Die Anhänger von Jesus stehen Suchenden im Weg - woran denken Sie?Adrian Jaggi: In Markus 2 wird berichtet, wie Jesus in Kapernaum in ein Haus geht, zu predigen beginnt und viele Menschen kommen, um ihm gespannt zuzuhören. Dann kommen vier Männer. Sie wollen einen Gelähmten zu Jesus tragen. Das gelingt aber nicht, weil die anderen, die Jesus an den Lippen hängen, den Zugang versperren. Auch wir wollen doch ganz nahe bei Jesus sein. Könnte es sein, dass wir mit unseren Programmen - Gottesdiensten, Gebetstreffen, Bibelabenden usw. - auch im Weg stehen, wenn es darum geht, jemanden zu Jesus zu tragen?Gottesdienst ist aber nicht nur für Aussenstehende ...Adrian Jaggi: Ja, wir wollen unseren Gottesdienst feiern. Aber während wir auf dem Weg dorthin sind, sollten wir offene Augen haben, damit wir unseren Nächsten erkennen, um ihn - wie die vier Freunde den Gelähmten - auf kreative Weise zu Jesus zu bringen. Man stelle sich vor: Sie mussten dafür das Hausdach abdecken! Diese Entschlossenheit und Liebe zu Jesus wünsche ich mir für unsere Gemeinden.Roman Meury: Das geht nur dort, wo ein Prozess in diese Richtung in Gang gesetzt wird. Die Ansicht "draussen ist die böse Welt, drinnen ist die heile Gemeindemuss hinterfragt werden: Für wen ist unsere Gemeinde da? Was ist unser Auftrag? Würde etwas auffallen, wenn es uns als Gemeinde nicht mehr gäbe? Entscheidender als Flyer- und Plakataktionen ist es, ob ich mein Christsein authentisch lebe und wie Menschen in unseren Kirchen empfangen werden. Entscheidend ist die HerzenshaltungInterview: Rolf HöneisenDas ausführliche Interview findet sich im Wochenmagazin ideaSpektrum Nr. 38/16. Die weiteren Themen sind: Weshalb sind viele Christen in Sachen Evangelisation frustriert?, Wie kann eine Gemeinde ihren evangelistischen Wert erhöhen?, Was sind die Inhalte der Kurse von Swiss-e-motion? Hinter "Swiss-emotion" stehen Adrian Jaggi (43), BESJ-Sekretär und ehrenamtlich Prediger in der Kirche ETG Neuhof in Pfäffikon ZH, Roman Meury (35), Pastor in der FEG Buchs SG, Urs Wunderli (37), Pastor der FMG Biel und Jim Bühler (44), Pastor der Chrischona-Gemeinde in Kirchleerau AG. Sie verbindet das tiefe Anliegen, die Gute Nachricht von Jesus Christus den Menschen dieser Generation nahezubringen. Im idea-Interview erzählen sie, was sie bewegt und warum sie sich mit so viel Herzblut dafür einsetzen, dass Schweizer Christen sich evangelistisch in Bewegung setzen.

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