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Kolumne

Wie Worte wirken

23.08.2022

Daniel Rehfeld
Daniel Rehfeld

Europa leidet unter der Hitze. Das scheint sich auch in der zwischenmenschlichen Kommunikation niederzu­schlagen. Anders ist die geschlechterspezifische Auseinandersetzung der letzten Tage kaum erklärbar. Da ist zum Beispiel der verbale Aussetzer des sonst sympathischen und begabten Torhüters des FC Luzern. Nach der Kanterniederlage gegen St. Gallen rief Sportmann Marius Müller erzürnt in die Mikrofone: „Immer dieses schwule Weggedrehe, das geht mir tierisch auf den Sack.“ Er wollte damit illustrieren, dass er sich alleingelassen fühlte im Tor. Der Shitstorm folgte auf dem Fuss, zwei Tage später entschuldigte er sich für die Aussage. Da war der Schaden aber schon angerichtet. Ganz anders die Stimmungslage bei Andrew Tate, der nach Angaben des Tages-Anzeigers Dutzende frauenfeindlicher Videos auf der sozialen Plattform Tiktok postet. Der ehemalige Kickboxer transportiert ein Männerbild, das von Prunk, Protz und Potenz geprägt ist und die Frauen als unterwürfige Wesen diskreditiert. 4,3 Millionen Menschen folgen dem Provokateur (will heissen, sie haben seinen Kanal abonniert). Seine unappetitlichen Aussagen erspare ich Ihnen an dieser Stelle.

Obwohl diese Beispiele auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben, polarisieren sie beide und füllen die Kommentarspalten. Und sie zeigen, wie viele Emotionen Worte auslösen können. Und während die einen provozieren, versuchen die anderen die Sprache in ein Korsett zu zwingen. Auf die politisch korrekte Sprache angesprochen, bemerkte der Schriftsteller Adolf Muschg letzte Woche: „Heute sucht und verfolgt die Zensur der Correctness nicht nur in Meinungen, die nicht sein dürfen, sondern auch in der Sprache und in inkorrekten Wörtern …“ Und dem langjährigen Leiter der BILD-Parlamentsredaktion, Ralf Schuler, haute es kürzlich
den Nuggi raus. Er kündigte mit den Worten: „Jedwede Diskriminierung ist von Übel. Sich gegen Diskriminierung zu wenden, bedeutet aber nicht, sich die Agenda der LGBTQ-Bewegung zu eigen zu machen, wie wir es derzeit tun.“

Worte lösen etwas aus. Das wusste schon der Verfasser des Jakobusbriefs. In Kapitel 3,5 schreibt er: „So kann auch die Zunge, so klein sie auch ist, enormen Schaden anrichten. Ein winziger Funke steckt einen grossen Wald in Brand!“

Wobei wir wieder bei den heissen Temperaturen dieses Sommers wären. Ohne werten zu wollen – ich freue mich über den Regen und hoffe, dass sich die Gemüter allmählich wieder abkühlen. 

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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