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Wie kann man über Pornosucht reden?

07.09.2021

Christian Jungo. Foto: zvg
Christian Jungo. Foto: zvg

Christian Jungo (44) ist einer der Organisatoren und Redner an der Konferenz Porno-frei vom 25. September in Aarau. Er war pornosüchtig und wurde später Pastor.

IDEA: Warum sprechen Sie als Familienvater und Pastor offen über Ihre frühere Pornosucht?

Jungo: Schon bevor ich Pastor wurde, sprach ich offen darüber. Nachdem ich Befreiung von der Sucht erlebt hatte, sagte Gott zu mir, ich solle meine Geschichte aufschreiben. Ich habe sie dann auch veröffentlicht. Ich erkannte auch, dass viele Menschen heute damit kämpfen und meine Geschichte das Eis bricht, um darüber zu sprechen. Auch in meiner Gemeinde habe ich offen über meine Vergangenheit und innere Heilung gesprochen.

Was half Ihnen zur Überwindung der Sucht?

Zuerst die Erkenntnis, dass ich nicht nur ein Problem, sondern eine Sucht hatte. Die innere Logik war: „Wenn es eine Sucht ist, brauche ich Hilfe.“ Ich musste damit aufhören, mich zu belügen und zu sagen, es werde schon besser, ich werde es irgendwann wieder im Griff haben. Dann lernte ich, gegenüber einer Begleitperson Rechenschaft abzulegen und somit zu widerstehen und zu kämpfen. Schliesslich war entscheidend, als Gott zu mir sagte, dass ich Liebe am falschen Ort suchte. Ich konnte mich ausstrecken nach innerer Heilung und erlebte Gottes Liebe. Durch die innere Veränderung konnte ich sagen, dass ich Pornografie nicht mehr brauchte.

Wie können christliche Gemeinden Menschen bei Pornosucht helfen?

Indem es thematisiert wird. Dies aber nicht beschuldigend, sondern mit der Möglichkeit, aufzutauchen. Jesus verurteilte die Ehebrecherin nicht, sagte ihr aber: „Sündige nicht mehr!“ Es hilft nicht, zu sagen: „Es ist schon gut, das macht ja jeder.“ Aber es hilft auch nicht, zu verurteilen und zu verdammen. Besonders schwierig ist es für Personen, die in einem christlichen Amt stehen und wissen, dass sie „weg vom Fenster“ sind, wenn sie sich outen. Es muss Möglichkeiten geben, Hilfe anzunehmen und die Sucht zu thematisieren, ohne dass man „abgeschossen“ wird.

Selber begannen Sie als Teenager, Porno zu konsumieren. Wie können Teenager davon Befreiung erleben?

Die Problematik entsteht einerseits mit dem Handy. Also können sie mit ihren Eltern oder Kollegen darüber sprechen, einen Pornofilter zu installieren. Zum anderen ist ein Problem, dass pornografische Inhalte verschickt, herumgereicht oder auf dem Pausenplatz gezeigt werden. Da ermutige ich Jugendliche, eine Resilienz zu entwickeln, hinzustehen und zu sagen, dass sie dies nicht wollen. Das braucht viel Mut, weil man in diesem Alter „in“ sein will. Es stärkt aber ihre Persönlichkeit, wenn sie klar zu etwas stehen. Wenn Minderjährige pornografische Inhalte zugeschickt erhalten, ist dies eine Straftat. Ich ermutige die Betroffenen, Strafanzeigen einzureichen. Ein Drogendealer auf dem Pausenplatz würde angezeigt. Wer mit Porno dealt, muss genauso angezeigt werden. Zumindest müssen die Lehrpersonen informiert werden oder den Absendern muss mitgeteilt werden, dass es illegal ist, was sie machen. Vielen Teenagern ist dies nicht bewusst.

Welche Erwartung haben Sie an die Porno-frei-Konferenz?

Weil Pornosucht immer noch für viele ein Tabu ist, wünsche ich mir, dieses weiter zu brechen. Wir hoffen, Menschen zu ermutigen und eine Perspektive zu zeigen, dass es sich lohnt, für Freiheit zu kämpfen. Als Veranstalter hoffen wir auch, dass noch vermehrt sogenannte „Freiheitsgruppen“ entstehen, wo sich Menschen treffen, sich gegenseitig ermutigen und um die Freiheit von Pornokonsum ringen. Wir möchten Menschen rekrutieren und für solche Gruppen ausbilden. 
(Interview: David Gysel)

Konferenz Porno-frei

Die zweite Porno-frei-Konferenz findet am 25. September in der FCG Aarau und online statt. Sie richtet sich sowohl an Betroffene wie auch an Personen, die in Leitungsaufgaben und Beratung engagiert sind, und an Angehörige. Nebst Christian Jungo werden die Pastorin und ehemalige Pornodarstellerin Brittni De La Mora und andere Fachleute referieren. Zahlreiche Organisationen tragen die Veranstaltung mit.
porno-frei.ch

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