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Kolumne

Wider das Vergessen

05.07.2022

Daniel Rehfeld
Daniel Rehfeld

Die erste Hälfte des Jahres ist vorüber. Meine Replik auf die letzten sechs Monate zeigt, dass sich die Welt immer schneller zu drehen scheint. Im Januar benötigte ich noch eine Maske, um Einkäufe zu tätigen, und musste in Quarantäne, weil ich mit einem Kollegen zu Mittag gegessen hatte, der von Covid-19 erwischt wurde. Heute kann ich die Kassiererin wieder nett anlächeln und meine Freunde im Gottesdienst umarmen. Dafür hätte ich vor sechs Monaten nicht für möglich gehalten, dass eine Auseinandersetzung im Osten Europas solch globale Dimensionen annehmen könnte, die uns an den Rand eines Weltkriegs-Szenarios führen würde. Neben den gesellschaftlich bedeutsamen Veränderungen gibt es aber auch die persönlichen Erinnerungen an die letzten sechs Monate. Im Januar hoffte ich, dass mein Lieblingsfussballklub das Ruder noch herumreissen möge, um den 5. Titel in Folge einzutüten. Nun hoffe ich, dass sie mit den neuen Spielern wenigstens um den Titel mit­reden können. Man wird bescheiden. Oder ich denke an einen Freund aus der Jugendzeit, den im letzten halben Jahr eine schwere Krankheit ereilt hat und mit dem ich innerlich mitleide. Ein Ereignis von ungleich grösserer Tragweite.

Wieso erzähle ich Ihnen das alles? Aus zwei Gründen. Einmal, weil ich ein unverdrossener Nostalgiker bin. Ich mag Rückblicke, stöbere in Fotobüchern längst vergan­gener Reisen. Und ich kann mich über ein gutes Essen, ein gelungenes Gespräch mit Freunden oder über den doppelten Regenbogen nach dem Gewitter noch viele Tage freuen; oder mich zumindest daran erinnern. Zum anderen plane ich seit einigen Jahren bewusst Tage der Stille in meinen Alltag ein. Tage, an denen ich einen Blick in den Rückspiegel werfe, um danach mein Visier für die Zukunft zu justieren. Folgender Satz aus der Bibel inspiriert mich dabei: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“ (Ps 103,2). Dann folgt eine ganze Aufzählung von Gaben, die GOTT mir schenkt. Allzu oft vergesse ich, dass ich durch Gottes Gabe bin, was ich bin. Eine Sicht auf diese Fülle führt mich meist zur Dankbarkeit, lässt selbst schwierige Momente in einem anderen Licht erscheinen und beflügelt mich für die Zukunft. Ein Satz von Karl Albietz, dessen Lebensrückblick Sie in diesem Heft finden, hat mich besonders berührt. „Ich bin keiner, der sich an eine Organisation bindet, sondern möchte immer von Jesus abhängig bleiben. Er bestimmte meinen Weg.“ Dem ist nichts beizufügen. 

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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