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Kolumne

Weckruf in der Lebensmitte

10.06.2022

Christoph Hickert
Christoph Hickert

In der ersten Lebenshälfte sind wir meist einseitig unterwegs und fokussiert auf Karriere, Familie, Haus, Gemeindeleben etc. Und das ist auch wichtig. Dennoch bezahlen viele dafür einen hohen Preis. Der Psychologe C. G. Jung hat bemerkt, dass viele in der Lebensmitte in eine Krise oder eine Depression geraten, weil sie sich zu lange vernachlässigt haben. Zudem drängt sich in der Lebensmitte das „bisher ungelebte Leben“ nochmals in den Vordergrund und will sich Gehör verschaffen. Diese Aussage hat mich vor einiger Zeit sehr angesprochen und herausgefordert.

Oft kommen Führungskräfte in die Beratung, weil sie genau an diesem Punkt stehen. Sie funktionieren nur noch und fühlen sich müde und ausgelaugt, obwohl sie jahrelang mit viel Schwung und Elan unterwegs waren. Viele sind dabei äusserlich erfolgreich unterwegs, aber innerlich macht sich eine Leere breit. Die Erfüllung ist auf der Strecke geblieben.

Meist braucht es einen Weckruf, um zu realisieren, in welchem Hamsterrad man eigentlich gefangen ist. C. S. Lewis drückt es so aus: „Gott flüstert in unseren Freuden, er spricht in unserem Gewissen, in unseren Schmerzen aber ruft er laut. Sie sind sein Megafon, eine taube Welt aufzuwecken.“ Und manchmal sind auch wir taub und übergehen uns selber zu lange und hören nicht auf unsere Seele oder unseren Körper, die längst schreien und sich nach mehr Erholung, erfüllenden Beziehungen, Sinnhaftigkeit oder Lebendigkeit im Glauben sehnen.

In der zweiten Lebenshälfte geht es demnach vermehrt darum, den Blick auch nach innen zu richten und immer mehr „ganz zu werden“ und das, was wir bisher übergangen haben, was nicht gelebt oder abgespalten wurde, aber trotzdem da ist, ebenfalls ernst zu nehmen und zu integrieren.

Christoph Hickert ist Dipl. Coach & Supervisor BSO, Lebens- und Laufbahnberater in eigener Praxis in Männedorf. (www.beratung-coaching.ch)

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