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Kolumne

Was siehst Du?

31.10.2022

Christoph Zingg
Christoph Zingg

Auf meinem Schreibtisch liegt ein Flyer: Ein Haus aus Natursteinen und Glas, eine Basalttreppe, die zu einer offenen Tür führt, von blühenden Azaleen eingerahmt. „Servizio Cristiano“ steht ganz klein oben rechts, etwas augenfälliger die Fusszeile: „Im Herzen Siziliens, eine Handbreit vom Himmel entfernt.“

„Servizio Cristiano“, ein diakonisches Zentrum im Süden der sizilianischen Stadt Riesi, wird in den nächsten Tagen die „Conférence des Églises Protestantes des Pays Latins d’Europe“, an der ich im Auftrag der Bündner Kirche teilnehmen darf, beherbergen.

„Servizio Cristiano“ geht zurück auf Tullio Vinay: Der Waldenserpfarrer, Politiker und Friedensaktivist gründete in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts in Rom die „Agape“-Bewegung, eine Gemeinschaft, die christliche Nächstenliebe konkret und im Alltag umsetzte. 1961 hatte er die Vision, dieser Gemeinschaft in Riesi ein Zentrum zu bauen. In der ärmsten Gegend Siziliens, in bitterer Not, Arbeits- und Hoffnungslosigkeit und im Einzugsgebiet der Mafia, sollte ein Ort aufgebaut werden, nur „eine Handbreit vom Himmel entfernt“. Ein Bild zeigt Vinay zu Beginn der Bauarbeiten, um sich herum Männer mit Schaufeln und Harken und er mit einem wunderbaren Lächeln im Gesicht: Er sah etwas, was sie noch nicht alle sahen. Er hatte eine Vision.

„Servizio Cristiano“ heute: Schule (mit Warteliste), Landwirtschaft, Tagungsort, Spirituelles Zentrum und ein wichtiger Arbeitgeber. Ein Ort der Hoffnung und der Ermutigung.

Was siehst du? – Wenn immer ich mich als Führungskraft von dieser Frage herausgefordert sehe, bin ich dankbar. Visionen helfen uns, die nächsten Schritte unserer Betriebe und Organisationen zu planen und zu gehen. Nicht immer sehen alle, was wir sehen. Aber solange wir daran glauben, dass es uns dem Himmel eine Handbreit näherbringt, solange möchten sie uns folgen.

Christoph Zingg ist Pfarrer, Geschäftsführer der Stiftung „Tür auf – Mo Vinanvon“ und Projektleiter der Mbara Ozioma Foundation.

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