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Menschenrechte

Türkei: Aramäischer Abt zu 25 Monaten Haft verurteilt

09.04.2021

Der Abt Aho Bilecen wurde am 7. April zu 25 Monaten Gefängnis verurteilt. Symbolbild: pixabay.com
Der Abt Aho Bilecen wurde am 7. April zu 25 Monaten Gefängnis verurteilt. Symbolbild: pixabay.com

Mardin (IDEA) – Die Verurteilung eines aramäischen Geistlichen durch ein türkisches Gericht stößt in Deutschland auf Kritik. In der südostanatolischen Provinz Mardin hatte das Große Strafgericht den Abt des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Yakub, Aho Bilecen, am 7. April zu 25 Monaten Gefängnis verurteilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Den Behörden zufolge soll Bilecen im Jahr 2018 Kämpfer der kurdischen Arbeiterpartei PKK in seinem Kloster unterstützt haben, indem er ihnen Nahrung und Wasser anbot. Bilecen hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Bundesverband der Aramäer: Urteil soll einschüchtern

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Aramäer in Deutschland, Daniyel Demir (Heidelberg), bezeichnete das Urteil gegen Bilecen auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA (Wetzlar) als Skandal. Die Behörden sendeten mit dem Strafverfahren die Botschaft an die Aramäer, dass selbst ihre Geistlichen nicht mehr sicher seien. Damit wolle man die noch verbliebenen Aramäer in der Türkei erneut einschüchtern und verängstigen.

Demir: „Die aramäischen Christen werden seit Jahrzehnten von den kurdischen PKK-Anhängern und den türkischen Stellen wechselseitig unter Druck gesetzt und wie zwischen zwei Blöcken zerrieben.“ Auch wenn die Anschläge in der Region derzeit nachgelassen hätten, seien erst kürzlich wieder Ackerflächen von Aramäern in Brand gesetzt worden. Mit dem Schaden ließe man sie alleine.

Berufung geplant

Demir kündigte an, dass der deutsche Bundesverband der Aramäer Bilecen mit allen zur Verfügung stehenden diplomatischen und politischen Mitteln unterstützen werde, weil der Geistliche gegen das Urteil Berufung einlegen werde. Derzeit sei der Mönchspriester auf freiem Fuß, und es ginge ihm den Umständen entsprechend gut. Er lebe weiterhin im Kloster.

Der Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM/Frankfurt am Main), Martin Lessenthin, sprach von Gesinnungsjustiz. Deutschland muss sich nun für Bilecen und für ein rechtsstaatliches Verfahren einsetzen, betonte Lessenthin.

Der Abt war mit mehreren anderen Christen bereits am 10. Januar 2020 festgenommen und fünf Tage inhaftiert worden. Er kam dann aufgrund internationalen Drucks wieder frei.

Bilecens Anwälte betonten, dass er die Gäste wie alle anderen Besucher behandelt habe. Von deren Zugehörigkeit zur PKK habe er nichts gewusst. Bilecen ist der letzte verbliebene Mönch in dem im Gebirge Tur Abdin („Berg der Diener Gottes“) liegenden Kloster und bemüht sich seit Jahren um eine Wiederbelebung. Das Kloster zählt zu den ältesten der Welt.

Die aramäische Gemeinschaft des Tur Abdin leidet unter den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und der PKK. Die bis heute andauernden Übergriffe auf aramäische Christen lösten in den 80er und 90er Jahren eine Massenauswanderung aus dem Tur Abdin in Richtung Deutschland und die EU aus. Im Bundesgebiet leben heute etwa 150.000 Aramäer, in der EU bis zu 350.000. Die Zahl der verbliebenen Aramäer im Tur Abdin liegt bei rund 2.000.

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