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Sauca: Der ÖRK ist nicht antisemitisch

31.08.2022

Der ÖRK-Generalsekretär Prof. Ioan Sauca sprach auf der 11. Vollversammlung des Weltkirchenrats. Foto: WCC/Albin Hillert
Der ÖRK-Generalsekretär Prof. Ioan Sauca sprach auf der 11. Vollversammlung des Weltkirchenrats. Foto: WCC/Albin Hillert

Karlsruhe (IDEA) – Der Weltkirchenrat ist nicht antisemitisch. Das betonte der amtierende Generalsekretär des Weltkirchenrats (ÖRK), Prof. Ioan Sauca (Genf), laut Manuskript bei seinem Bericht zur 11. Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe. Zu der neuntägigen Versammlung, die am 31. August begonnen hat und unter dem Leitwort „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ steht, kommen mehr als 4.000 Christen aus rund 120 Ländern zusammen, um gemeinsam zu beten, zu beraten und zu feiern.

Gewisse Gruppen, „insbesondere hier in Deutschland“, hätten begonnen, den ÖRK „einmal mehr“ als eine antisemitische Organisation darzustellen, so Sauca. „Denjenigen, die dem ÖRK Antisemitismus vorwerfen, möchte ich mutig entgegentreten und bezeugen, dass der ÖRK bereits 1948 die Geschichte des christlichen Antijudaismus anerkannte und Antisemitismus als eine Sünde anprangerte. Stehen wir auch gewissen politischen Strategien des Staates Israel seit 1948 kritisch gegenüber, so erkennt der ÖRK den Staat Israel an und achtet das Recht Israels, sich selbst zu verteidigen“ und seine Bürger im Rahmen des Völkerrechts zu schützen. „Wir widersetzen uns allen Formen von Antisemitismus, lehnen sie ab, ächten und verurteilen sie.“

Gleichzeitig stehe man für gleiche Menschenrechte für die Palästinenser ein. Es habe nicht mit Antisemitismus zu tun, Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und die israelische Regierung aufzufordern, alle Bürger zu schützen. Der ÖRK verlange die gleiche Behandlung für alle Bürger. „Wir rufen entschieden und konsequent für ein Ende der Besatzung auf. Wiederholt haben wir bekräftigt, dass wir die Strategie einer auf das Völkerrecht gestützten Zweistaatenlösung befürworten.“

Gleichzeitig habe der ÖRK „von einigen unserer Mitgliedskirchen, insbesondere aus Südafrika, aber auch aus dem Westen, Briefe, Gesuche und Vorschläge bekommen, die Grundhaltung des ÖRK im Rahmen der Vollversammlung in Karlsruhe zu ändern und Israel aufgrund der Art und Weise, wie die palästinensische Bevölkerung behandelt wird, als Apartheidstaat anzuprangern.“ Außerdem wurde erneut eine Unterstützung der BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestition, Sanktionen) vorgeschlagen, um Druck auf den Staat Israel auszuüben.

Christen im Orient sind zurückhaltend

Bei seinem jüngsten Besuch im Heiligen Land habe er mit den Vertretern verschiedener christlicher Kirchen gesprochen, so Sauca. In Bezug auf die Themen Apartheid und BDS-Bewegung hätten sich die Christen vor Ort jedoch sehr „zurückhaltend und nuanciert“ geäußert. „Sie baten den ÖRK, sich weiterhin für sie einzusetzen, ihre Anliegen und ihre Rechte zu verteidigen, es jedoch zu vermeiden, in ihrem Namen eine Terminologie zu verwenden und Handlungen durchzuführen, die Türen für einen Dialog schließen und damit ihre bloße Existenz im Heiligen Land bedrohen könnten.“

Er empfehle deshalb, so Sauca weiter, „dass wir Bedacht, Sorgfalt und Weisheit walten lassen, wenn wir uns mit den Vorschlägen befassen, die auf dieser Vollversammlung vorgelegt werden“. Es müsse sichergestellt werden, dass getroffene Entscheidungen den Christen im Heiligen Land hülfen und „auf keinen Fall“ ihre Existenz gefährdeten.

Keine Einigung über Umgang mit Sexualität

Sauca ging auch auf die im ÖRK immer wieder geführten Debatten über den Umgang mit menschlicher Sexualität ein. Das Thema spalte nach wie vor. Der ÖRK habe zu diesem Thema keine Stellung bezogen und auch keine Grundsätze zu dem Thema, da es in den einzelnen Kirchen erörtert werden müsse. „Worauf wir uns aber alle einigen können, ist, dass wir alle die Würde eines jeden Menschen achten müssen, dass wir die Menschenrechte aller verteidigen und bekräftigen müssen, dass wir jegliche Form von Gewalt oder verbaler oder physischer Aggression verurteilen müssen und dass wir bekräftigen müssen, dass alle Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen sind.“

Für einige Kirchen sei es nach wie vor ein Tabu, auch nur über das Thema zu sprechen, und sobald eine Beratung dazu vorgeschlagen werde, würden sie misstrauisch und hätten die Sorge, dass sich der ÖRK der einen oder anderen Haltung dazu anschließen und einen Grundsatz beschließen könnte, der dann umgesetzt werden würde.

Im Rahmen der Interorthodoxen vorbereitenden Tagung zur Vollversammlung im Frühjahr sei diese Sorge erneut formuliert und auch von anderen Kirchen, insbesondere aus dem globalen Süden, höre er dieselben Bedenken immer wieder. Zwei orthodoxe Kirchen seien bereits aus dem ÖRK ausgeschieden und einige Mitgliedskirchen drohten mit ihrem Austritt. Sauca sprach sich deshalb dafür aus, dass der ÖRK keine Position zu einer ethischen Frage oder einer Glaubensfrage beziehen dürfe, „die die Kirchengemeinschaft potenziell spalten würde“.

Ukraine-Krieg: Kein Ausschluss der Russisch-Orthodoxen Kirche

Der Generalsekretär verurteilte außerdem den Krieg in der Ukraine. Der ÖRK habe von Anfang an zu einem sofortigen Ende des Tötens aufgerufen. Der ÖRK sei aufgefordert worden, die Russisch-Orthodoxe Kirche aus der Gemeinschaft des ÖRK auszuschließen. „Außer bei Nichtbeachtung der in der Verfassung formulierten theologischen Basis“ habe der Weltkirchenrat jedoch noch nie eine Kirche ausgeschlossen und werde das auch jetzt nicht tun. Der ÖRK wolle den Kirchen in Russland und der Ukraine stattdessen eine Plattform für den Dialog bieten.

Im Weltkirchenrat sind 352 anglikanische, orthodoxe und protestantische Kirchen mit über 580 Millionen Mitgliedern zusammengeschlossen.

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