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Russischsprachige Telefonseelsorge: Zahl der Anrufe verdoppelt

10.03.2022

Das russischsprachige Seelsorgetelefon „Telefon Doweria“ ist rund um die Uhr besetzt. Symbolfoto: pixabay.com
Das russischsprachige Seelsorgetelefon „Telefon Doweria“ ist rund um die Uhr besetzt. Symbolfoto: pixabay.com

Berlin (IDEA) – Das russischsprachige Seelsorgetelefon „Telefon Doweria“ in Berlin verzeichnet seit Kriegsbeginn in der Ukraine deutlich mehr Anrufe. Das Projekt arbeitet in Trägerschaft des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Das russische Wort „Doweria“ bedeutet „Vertrauen“.

Wie die Leiterin des Seelsorgeangebots, Tatjana Michalak (Berlin), der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA auf Anfrage mitteilte, hat sich die Anzahl der Anrufe seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine verdoppelt. Die tägliche Zahl der Anrufe sei von 15 bis 20 auf 30 bis 35 angestiegen. Bei den Telefonaten gehe es um ein breites Spektrum an Themen. Kriegsflüchtlinge suchten nach konkreten Hilfen in der Bundeshauptstadt, wie beispielsweise Adressen, Wohnmöglichkeiten, ärztliche Hilfen und Dolmetscher.

Russischsprachige Bürger in Berlin – die nicht nur aus Russland stammen – berichten Michalak zufolge unter anderem von Aggressionen von Einheimischen, Beschimpfungen, Kündigungen, Sachbeschädigungen, Zerrissenheit der Familien, Ängsten, Ohnmacht, Schamgefühlen und Sorgen um die Verwandtschaft in der Ukraine und in Russland. Manche bekämen keine Zimmer in Hotels oder würden in Gaststätten nicht bedient, wenn sie als Russen identifiziert werden. Außerdem berichteten Anrufer, dass Kinder bei Geburtstagen ausgeladen würden.

Michalak: Auch ich empfinde Angst und Ohnmacht

Michalak selbst ist gebürtige Ukrainerin. Auch für sie ist die aktuelle Situation herausfordernd: „Ich empfinde dieselben Gefühle von Angst, Sorgen und Machtlosigkeit. Ich bin auch nur ein Mensch.“ Da sie aber eine Verantwortung für die ehrenamtlichen Mitarbeiter habe, lasse sie ihren Gefühlen keinen freien Lauf. „Wir befinden uns in einem Ausnahmezustand, deswegen muss man jetzt stark sein“, erklärt die Leiterin. Möglicherweise werde sie, wenn der Krieg vorbei ist, auch eine Supervision in Anspruch nehmen, um ihre Gefühle zu verarbeiten.

Aktuell sind beim „Telefon Doweria“ etwas mehr als 100 Mitarbeiter tätig, größtenteils im Ehrenamt. Das Seelsorgetelefon ist rund um die Uhr besetzt und unter der Nummer 030 440308454 zu erreichen. „Telefon Doweria“ ist Mitglied im Dachverband „TelefonSeelsorge Deutschland“.

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