- ANZEIGE -
E-Paper Abo Anmelden
Ressorts
icon-logo

Kolumne

„Obenabe butze“ oder dienen?

11.09.2022

Michael Dufner
Michael Dufner

Schon länger fällt uns auf, dass unsere Kids einander schlechtmachen, um selbst besser dazustehen. Wir überlegen, wie wir diese Kultur ändern könnten. Die erste Idee begeistert mich: Gemeinsam mit meiner Frau nehmen wir uns vor, unsere Kinder einen Tag lang nur zu loben. Nichts Schlechtes sagen, nur das Positive erwähnen. Wir bereiten uns innerlich vor – dann kommt das erste (von fünf) Kindern nach Hause. Sein Gesicht: demotiviert und genervt. Innerlich herausgefordert frage ich Jesus, was ich jetzt Positives sagen könnte. Aber schneller als ich überlegen kann, sage ich schon die Worte: „Mein Sohn, so schön, dass du hier bist, und ich will dir ein Kompliment machen, dir sieht man immer auf den ersten Blick an, wie es dir geht.“ Darauf mein Sohn: „Papi, was ist denn mit dir los? Alles o. k.?“ Da beging ich einen fatalen Fehler: Ich erzählte von unserem Vorhaben. Seither hörte ich gefühlt jede Minute ein „Mööög, du hast schon wieder etwas Negatives gesagt!“ Das hat mich auf die Palme gebracht. Schnell haben wir diese Übung beendet.

Abends war ich frustriert. War es so falsch? Wie kann ich diese Kultur wirklich ändern, dieses „Dissen“ bekämpfen? Ich redete mit Jesus und bekam plötzlich einen Gedanken, der mich erschaudern liess: Der Fehler war nicht, dass ich von unserem Vorhaben berichtete, sondern, dass ich mit meinem Handeln zeigte: ICH KANN ES, ich zeige euch jetzt, wie es gehen würde. Ich habe „gedisst“, ohne es zu merken. Wie wäre es herausgekommen, wenn ich meine Kinder ins Boot geholt hätte? Sie gebeten hätte, mir zu helfen und das positive Reden als Familienprojekt zu starten?

Auch als Leiter ist mir diese Haltung neu wichtig geworden. Ich möchte nicht als „Allwissender“ leiten, sondern in der Haltung des Miteinanders und mit dem Bewusstsein meiner Ergänzungsbedürftigkeit. So fühlen sich Menschen wertgeschätzt und ernst genommen. So kann sich eine neue Kultur entwickeln.

Michael Dufner ist Mitglied der Leitung der FEG Schweiz (feg.ch) und Leiter Sprungbrett Nachwuchsförderung
(feg-sprungbrett.ch).

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

IDEA liefert Ihnen aktuelle Informationen und Meinungen aus der christlichen Welt. Mit einer Spende unterstützen Sie unsere Redakteure und unabhängigen Journalismus. Vielen Dank. 

Jetzt spenden.