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Menschenrechte

„Man kann doch nicht einfach schweigen!“

29.09.2022

Schwarze Luftballons sollen auf Missstände hinweisen. Foto: zvg
Schwarze Luftballons sollen auf Missstände hinweisen. Foto: zvg

Bern (IDEA) - Menschenhandel ist ein Geschäft mit Milliarden­umsätzen. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) werden jährlich 2,5 Millionen Menschen Opfer. Die Dunkelziffer ist hoch. „Zusammen mit Deutschland und Österreich ist die Schweiz hauptsächlich beteiligt am Menschenhandel“, sagt Manfred Paulus als erster Redner auf der Tribüne. Paulus ist ehemaliger deutscher Kriminalhauptkommissar und Träger des Bundesverdienstkreuzes für 40 Jahre Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution. Seit die nordischen Länder ein Sexkaufverbot erlassen hätten, sei auch die Schweiz zu einer Drehscheibe für Menschenhandel geworden. Die meisten Opfer seien Menschen, die der Armut in den Herkunftsländern entfliehen möchten, aber von Kriminellen und der Mafia mit falschen Versprechen angelockt und in deren Fänge geraten würden.

Opfer nicht nur im Sexgewerbe

In den meisten Fällen landen Opfer von Menschenhandel hierzulande im Sexgewerbe. Vermehrt werden aber auch Fälle im Gastgewerbe, auf dem Bau, in der Landwirtschaft oder in privaten Haushalten bekannt. Auch hier werden die Opfer angeworben und es wird ihnen eine gut bezahlte Arbeit in Aussicht gestellt. Tatsächlich arbeiten sie dann unter ausbeuterischen Bedingungen, oft schwarz. Grosse, gut organisierte kriminelle Netzwerke stecken dahinter, die den Handel in der Schweiz regeln und vom Ausland aus kontrollieren.

Handeln!

Die Zahl der ermittelten und schliesslich auch geahndeten Straftaten ist niedrig. „Ein wesentlicher Grund dafür sind fehlende Ressourcen“, sagte Marianne Streiff, Nationalrätin EVP. Sie hat schon 2019 und 2020 Motionen zur Bekämpfung des Menschenhandels eingereicht, diese sind aber im Ständerat hängig. Und eben hat sie einen dritten Vorstoss gemacht, welcher den Bundesrat beauftragt, gesetzliche Grundlagen, Massnahmen und ein Konzept zu erarbeiten, damit Menschen, die aus der Prostitution aussteigen wollen, schweizweit bedarfsgerechte Angebote und Begleitung erhalten.

„Mir ging es wie wohl den meisten Menschen in der Schweiz“, sagt Ueli Haldemann, Leiter der Kampagne. „Ab und zu vernahm ich via Medien etwas über den Menschenhandel und dessen Brutalität. Doch da ich selbst keinerlei Berührungspunkte hatte, war das Thema sehr weit weg und angesichts der Informationsflut auch schnell wieder vergessen. Erst als ich begann, mich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, musste ich mich der Frage stellen: Wer gibt den Opfern von Menschenhandel eine Stimme in der Öffentlichkeit? Man kann doch nicht einfach schweigen!“

Nicht schweigen!

Schweigen war auch für die Teilnehmer der Kundgebung keine Option. So auch Heinz, 44 Jahre alt. „Früher, als ich noch nicht Christ war und Prostituierte aufsuchte, habe ich nicht gecheckt, warum die Frauen gar keinen Spass hatten. Und ich gab doch viel Geld dafür aus! Heute weiss ich, dass sie Opfer eines Systems sind, aus dem sie nicht herauskommen.“ Stefanie, 35: „Mir ist es wichtig, dass sich Christen engagieren für Menschen, die unterdrückt werden!“ Und Beat, 76, doppelt nach: „In christlichen Kreisen ist man sich wenig bewusst, was da läuft. Es muss in der Öffentlichkeit thematisiert werden!“

Gallus Tannheimer, Missionsleiter der Christlichen Ostmission, eine der Trägerorganisationen der Kampagne, zieht positive Bilanz: „Ich bin sehr zufrieden mit diesem Tag. Es ist grossartig, was in dieser Kampagne alles entstanden ist. Wir konnten konkret ein Zeichen gegen das Unrecht setzen.“ Die Aktion wird nun mit den Partnern ausgewertet und das weitere Vorgehen besprochen.  
(Autorin: Dorothee Baumgartner)
gegen-menschenhandel.ch

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