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Frankreich: 50 Prozent der Protestanten sind „evangelikal“

07.04.2021

Ein Gottesdienst im Jahr 2017 in der wohl grössten französischen Freikirche, „La Porte ouverte chrétienne“ in Mulhouse. Bild: Wikipedia (Nathalie Schnoebelen/Porte ouverte chrétienne; GNU Free Documentation License)
Ein Gottesdienst im Jahr 2017 in der wohl grössten französischen Freikirche, „La Porte ouverte chrétienne“ in Mulhouse. Bild: Wikipedia (Nathalie Schnoebelen/Porte ouverte chrétienne; GNU Free Documentation License)

Paris (IDEA/dg) - Die Evangelikalen machen in Frankreich rund 50 Prozent der Protestanten aus. Das besagen zwei kürzlich veröffentlichte Studien zweier Historiker und Soziologen, auf die das Nachrichtenportal evangeliques.info hinweist. Sébastien Fath, Forscher im staatlichen Forschungsinstitut CNRS veröffentlichte seine Studie „Les protestants en forme… grâce aux évangéliques“ im Verlag der Zeitschrift „Réforme“. Jean-Paul Willaime, emeritierter Professor und Direktor des Europäischen Instituts in Religionswissenschaft in Paris, publizierte seine online frei zugängliche Studie bei der „Fondation pour l’innovation politique“, einem Think Tank, der sich als liberal und progressistisch bezeichnet. Willaime zeigt interessante Entwicklungen.

Was heisst überhaupt „evangelikal“?

Laut Jean-Paul Willaime hatten die Evangelikalen in den 1960er Jahren einen Anteil von zehn Prozent am Protestantismus. Heute seien es fast 50 Prozent. Der Begriff „evangelikal“ („évangélique“) bezeichne heute eine spezielle religiöse Ausrichtung, die sich sich auf individueller und kollektiver Ebene ausdrücke. Es sei eine transkonfessionelle Ausrichtung.

Die Wurzeln ortet Willaime im 16. Jahrhundert, in der sogenannt radikalen Reformation. Diese unterschied sich von der magistralen Reformation, weil sie sich nicht der Reformation einer weltlichen Autorität anschloss. In der evangelikalen Konzeption der Kirche sei diese nicht eine Institution, sondern eine Vereinigung, in die man aus freien Stücken eintrete und die „qualifizierte“ Mitglieder vereinige. Es handle sich um ein Christentum der Bekehrung – man werde nicht als Christ geboren, sondern, man werde es nach einer persönlichen Erfahrung der Begegnung mit Gott, mit Jesus. Es sei ein Christentum von Bekennenden, wo jeder eingeladen sei von der Art Zeugnis abzulegen, wie sein Leben durch die Bekehrung verändert worden sei. Diese Ausrichtung habe über die Jahrhunderte bestanden und sich in verschiedenen Erweckungsbewegungen manifestiert, die die Frömmigkeit zu beleben und den Glauben angesichts von liberalen Strömungen zu bekräftigten versuchten.

Vereinigung zweier Pole

Es gebe zwei Pole der evangelikalen Welt: der pietistisch-orthodoxe und der charismatisch-pfingstliche Pol. 2010 haben sich laut Willaim diese beide Pole im Nationalen Rat der Evangelikalen (CNEF) vereint, was die gemeinsame Identität zeige und einen wichtigen Schritt in der Geschichte der Evangelikalen in Frankreich darstelle. Willem beurteilt diesen Schritt: „Das trug gegen Innen dazu bei, die Diversität der evangelikalen Welt zu ordnen und gewisse Grenzen zu definieren (zum Beispiel, indem man sich vom ‚Wohlstandsevangelium‘ distanzierte, einer Theologie, die Wert legt auf den Reichtum und den Erfolg als Gabe Gottes), und, gegen aussen, diese protestantische Ausrichtung besser sichtbar zu machen und vermehrt durch die Behörden anerkennen zu lassen.“

„Regelmässig praktizierend“

Mit 500'000 regelmässig Praktizierenden auf dem französischen Festland hat sich die Zahl der evangelikalen Protestanten laut Willaime zwischen 1950 und 2017 verzehnfacht. Dazu kämen 150'000 in französichen Überseegebieten. Dabei betont Willaime das Wort „regelmässig“ – wenn man evangelikal sei, gehöre ein regelmässiger sonntäglicher Gottesdienstbesuch dazu. Verschiedene Studien hätten auch gezeigt, dass der Gottesdienstbesuch und die die Bibellese bei Evangelikalen stärker praktiziert werde als bei Lutheranern resp. Reformierten. Zu erwähnen sei auch die wachsende Zahl evangelikaler Pastoren. Im Jahr 2015 habe man wenig mehr als 800 Pastoren bei Lutheranern und Reformierten gezählt, jedoch rund 1750 Pastoren mit evangelikaler und pfingstlicher Tendenz. Bei diesen sei das Ausbildungsniveau sehr unterschiedlich.

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