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Kolumne

Eine Extrameile für Luc

18.03.2022

Mirjam Jauslin
Mirjam Jauslin

Was ist bloss in Luc gefahren? Er war doch so gut unterwegs! Was für eine Enttäuschung!

Luc (26) wohnt im Falkennest, einem Wohnheim der Stiftung Jugendsozialwerk. Letzten Herbst schrieb ich ein Portrait über ihn, eine sogenannte „Erfolgsstory“. Sie sollte zeigen, wie ein junger Mensch trotz schwerem Start sein Leben erfolgreich meistert.

Die Kindheit von Luc war hart. Sein Vater verliess die Familie schon früh. Die Mutter war mit drei Kindern überfordert. Bei ihr wollte Luc auf keinen Fall leben. Und so landete er auf der Strasse. „Kein Zuhause zu haben, stresst“, sagte er. Luc war mitten in der Ausbildung und hatte keinen ruhigen Ort zum Schlafen und Duschen, geschweige denn zum Lernen. Dank dem Eingreifen seines Lehrmeisters fand Luc schliesslich ein Zuhause im Falkennest, wo er seine Vergangenheit aufarbeiten konnte.

Und jetzt das: Kurz nach Erscheinen dieses Portraits brach Luc zusammen mit einem Kollegen in ein Restaurant ein, klaute die Kasse und wurde erwischt. Als ich erfuhr, wer hinter dem Einbruch stand, war ich traurig, aber vor allem wütend auf mich. Wieder einmal habe ich mich der Illusion hingegeben, dass es so einfach ist, ein neues Leben zu beginnen.

Anders die Reaktion von Falkennest-Leiter Lukas Spinnler: „Wir waren nahe dran, Luc aus der Wohngemeinschaft rauszuwerfen. Aber mit dem Rauswurf hätte er alles verloren: seine Lehrstelle, sein Zuhause – alles, was ihm Halt gibt. Wir entschieden uns daher, dass wir mit Luc eine Extrameile gehen. Für uns gibt es keine hoffnungslosen Fälle.“

Es ist und bleibt kein leichter Weg für Luc. Hoffnung ist keine Garantie für Erfolg. Aber Hoffnung ist die Kraft, die uns hilft, Umwege auszuhalten.

Mirjam Jauslin ist Leiterin Kommunikation bei der Stiftung Jugendsozialwerk Blaues Kreuz BL.

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