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Kolumne

Den (Pfeil)bogen überspannt

30.08.2022

Daniel Rehfeld
Daniel Rehfeld

„Wo sind all die Indianer hin?“, fragte Hartmut Engler der deutschen Popgruppe Pur vor 30 Jahren. Ein zeitkritischer Song, der sowohl die Klischees wie auch die verloren gegangenen Werte dieser Volksgruppe thematisierte. Nun hat der Ravensburger Verlag ernst gemacht und verkündet, dass er sein Buch zum neuen Kinofilm „Der junge Häuptling Winnetou“ aus dem Verkehr zieht. Die Begründung im Wortlaut: „Euer Feedback hat uns deutlich gezeigt, dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben.“ Heisst im Klartext: Karl May und seine Fiktion des Apachenhäuptlings darf angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit, dass die indigene Bevölkerung unterdrückt und beinahe ausgerottet wurde, nicht mehr existieren. Das Bild der Indigenen werde zu romantisiert gezeichnet, so die Kritik. Es ist ein weiterer Akt im Drama der Diskussion um kulturelle Aneignung. Im März wurde Sängerin Ronja Maltzahn wegen ihrer Rastas von einer Veranstaltung bei „Friday for Future“ ausgeladen, Mitte Juli ein Konzert der Schweizer Reggaeband Lauwarm abgebrochen. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Die Diskussion um kulturelle Aneignung brodelt aber nicht erst seit den jüngsten Ereignissen. Bereits in den 80er-Jahren wurde in den USA darüber diskutiert, ob es legitim sei, wenn sich die weisse Mehrheitsgesellschaft den Stil der unterdrückten schwarzen Minderheit zunutze mache, um daraus Profit zu schlagen. Doch bei allem Respekt für die Absicht, andere Kulturen schützen zu wollen, frage ich mich, ob sprachliche Massnahmen (bis hin zur Zensur) wirklich ein taugliches Mittel sind, den diskriminierten Menschen auf diese Weise ihre Würde zurückzugeben. Meine persönlichen Begeg­nungen mit Maoris in Neuseeland, Himbas in Namibia oder Massai in Kenia haben gezeigt, dass die persönliche Wertschätzung und das Interesse an ihnen und ihrer Kultur wohl mehr bewirken als Verbote und Gebote. Das Zauberwort heisst Respekt, genauso, wie es uns eine goldene Regel in der Bibel lehrt: „Behandelt die Menschen stets so, wie ihr von ihnen behandelt werden möchtet“ (Mt 7,12, HFA). Und vergessen wir nicht – es ist nicht verboten, aus guten Gewohnheiten anderer Kulturen zu lernen und die Menschen wertzuschätzen. Mein Döner-Verkäufer würde mich jedenfalls vermissen, wenn ich nicht regelmässig bei ihm aufkreuzen würde. Indianer­ehrenwort! 

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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