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Bericht

Den Glauben bekennen

04.09.2022

Der rumänische Ikonenmaler Gabriel Solomon gestaltete eine Hausfassade in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Instituts für Ökumenische Studien. Foto: zvg
Der rumänische Ikonenmaler Gabriel Solomon gestaltete eine Hausfassade in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Instituts für Ökumenische Studien. Foto: zvg

Freiburg (IDEA) - In der Freiburger Innenstadt hat ein sonst unscheinbares Haus eine auffällige Fassade: Fresken ziehen die Aufmerksamkeit der Passantinnen und Passanten auf sich. Die Idee lehnt sich an eine rumänische Tradition an. Im Norden Rumäniens gibt es seit dem 15./16. Jahrhundert Klosterkirchen, die auch aussen vollständig mit Fresken bedeckt sind. Damit verkündigen die Kirchen öffentlich den Glauben. In Freiburg wurde nach dieser alten Tradition eine Hausfassade gestaltet – in Zusammenarbeit zwischen dem jungen rumänischen Ikonenmaler Gabriel Solomon und Mitgliedern des Instituts für Ökumenische Studien. So entstand ein Bild zur Heilsgeschichte von der Schöpfung bis zur Erlösung, eine Synthese östlicher und westlicher Tradition.

Szene 1: Alles steht unter dem Segen Gottes, unter der liebenden Vorsehung des Schöpfers. Mit dieser Segenshand hat der Maler das Fresko begonnen. ,,Ich bin der Herr, und sonst niemand; ausser mir gibt es keinen Gott … Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. Ich bin der Herr, der das alles vollbringt“ (Jes 45,5-7). 

Szene 2: Himmel und Erde stehen in einem engen Austausch, angezeigt durch Farben, Gesten, Bewegungen. Die Offenbarung des Johannes, das letzte Buch der Bibel, hat die Komposition des Freskos inspiriert: Christus, das Lamm Gottes, steht als Sieger über den Tod auf dem Berg Zion. Die Engel geben allen Aspekten der Heilsbotschaft Ausdruck: heiliges Erschrecken, Staunen, Jubel, liebevolle Hingabe, angstvolle Sorge um die Menschheit, … einer der Engel proklamiert: ,,Jetzt ist gekommen die Rettung und die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten“ (Offb 12,10). Zwölf Tore am Fuss des Berges symbolisieren das neue Jerusalem: ,,Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Die Völker werden in diesem Licht einhergehen, und die Könige der Erde werden ihre Pracht in die Stadt bringen“ (Offb 21,23-24).

Szene 3: ,,Gekommen ist die Hochzeit des Lammes und seine Frau hat sich bereit gemacht“ (Offb 19,7). Die Ikone der göttlichen Weisheit eröffnet einen Vorblick auf die Vollendung der Schöpfung: Die Engel umgeben anbetend den himmlischen Thron mit dem Wort des Lebens, das Anfang und Ende, Alpha und Omega umschliesst. Dem Thon im Himmel korrespondiert der Thron auf Erden, getragen von sieben Säulen (vgl. Spr 9,1) Die herrscherliche Gestalt auf diesem Thron ist die Braut des Lammes, die erlöste Menschheit, die zur personalen Einheit gefunden hat, durchglüht vom Heiligen Geist, Christus segnend über ihrem Haupt. Die Gottesmutter Maria und Johannes der Täufer zur Rechten und zur Linken tragen Flügel als Zeichen dafür, dass sie als erste der Menschheit in diese Vollendung eingegangen sind, die wir adventlich erwarten: „Der Geist und die Braut aber sagen: Komm! Wer hört, der rufe: Komm! Wer durstig ist, der komme. Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens“ (Offb 22,17).

Szene 4: Die Botschaft des Johannes: Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, ihre sieben Säulen behauen (Spr 9,1). Machtvoll entfaltet sie ihre Kraft von einem Ende zum anderen und durchwaltet voll Güte das All. Sie habe ich geliebt und gesucht von Jugend auf, ich suchte sie als Braut heimzuführen (Weish 8,1-2). Ihr Fürsten der Völker, ehrt die Weisheit, damit ihr beständig herrscht. Was die Weisheit ist und wie sie hervorgebracht wurde, will ich verkünden, und ich will die Geheimnisse Gottes nicht vor euch verbergen. Ihre Spur werde ich vom Ursprung ihres Hervorgangs an verfolgen, und ihre Kenntnis werde ich ans Licht bringen (Weish 6,21-23).

Szene 5: Serafim mit sechs Flügeln (vgl. Jes. 6,2) flankieren das obere Fenster. Sie singen „Heilig, heilig, heilig“ (rumänisch: Sfânt, sfânt, sfânt).

Szene 6: König David (links) mit Harfe und Bundeslade und König Salomo (rechts) mit dem Modell des Tempels schauen und besingen die Erfüllung der Hoffnung des erwählten Volkes Israel.

Szene 7: Der Engel, der den Verlust des Paradieses anzeigt, ist dem Angelus Novus von Paul Klee nachempfunden. Doch Gott sendet seinen Engel auch als Weggeleit. Mann und Frau werden sich gegenseitig zum Trost und Schutz und die Natur beschirmt liebevoll seine Geschöpfe. Der karge, felsige Boden trägt Spuren seiner Fruchtbarkeit.

Szene 8: Im brennenden Dornbusch offenbart Gott seinen Namen. Der Name wird ein Gesicht erhalten. Gottes Gegenwart unter uns geht durch Geburtswehen hindurch. Engel übermitteln die Botschaft und machen Mut. Das Feuer brennt und verbrennt nicht. In dieser Verheissung dürfen wir Wurzeln schlagen. Moses wird ein anderer Mensch und ist daher zum zweiten Mal dargestellt. ,,Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (Ex 3,5).

Szene 9: Der Zugang zur lebendigen Quelle steht offen. Am Brunnen des heiligen Nikolaus, Bischof von Myra, Patron der Stadt Freiburg. Er schöpft nicht für sich, sondern für den Kranken vor dem Brunnen. Hinter Nikolaus Bruder Klaus von der Flüe, Patron der Schweiz, ihm folgt der heilige Sergij von Radonezh (†1392), der Begründer des russischen Mönchtums. Links vom Fenster Sergij Bulgakov (1871-1944), dessen Weisheitstheologie das Fresko inspiriert hat. Sein Blick ist auf die Ikone der göttlichen Weisheit gerichtet.

Szene 10: Der Legende nach rief der Kaiser die 50 besten Philosophen seines Reiches zusammen, um den christlichen Glauben der Katharina von Alexandrien zu widerlegen, und liess sie schliesslich rädern. Auf dem Fresko gibt der weltliche Herrscher (rechts) den Raum für den konstruktiven Disput frei. Stellvertretend nähern sich Platon und Aristoteles. Wie der Kaiser legen sie die Insignien ihrer Macht ab, Katharina wird zum Modell der Theologie: Schöpfend aus der Quelle des Heils, wendet sie sich den Fragenden und Suchenden zu.

Szene 11: Engel öffnen und tragen den Raum der Kirche, der wie ein schützender Schleier die Glaubenden mit Licht umgibt.

Szene 12: Gottesgebärerin, Theotokos, nennt das Konzil von Ephesus 431 Maria, die Mutter Jesu. Indem sie den Heiland zur Welt bringt, wird sie zur Quelle lebendigen Wassers. Der Kranke am Fuss des Brunnens symbolisiert die ganze Menschheit.

Szene 13: In Abrahams Schoss erkennen die Menschenseelen den Ursprung ihrer Erwählung. Dismas, der gute Schächer, zeigt den Weg zum neuen Paradies, denn er hörte am Kreuz die Zusage: ,,Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein“ (Lk 23,43). Die Erde grünt und blüht aufs Neue. Die klugen Jungfrauen schreiten zur Hochzeit des Lammes.

Das Omega bildet den letzten Pinselstrich.
(Autorin: Barbara Hallersleben)

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