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Darf der Bundesrat Covid-Zertifikate verlangen?

10.09.2021

Bild: bag.admin.ch
Bild: bag.admin.ch

(IDEA/dg) – Das Netzwerk Kirche + Corona Schweiz stellt infrage, ob der Bundesrat von Kirchen verlangen kann, Covid-Zertifikate zu kontrollieren. Das Netzwerk stützt sich dabei unter anderem auf eine Einschätzung des Rechtsanwalts Philipp Kruse ab. Laut Kruse bräuchte es für die bundesrätlichen Anordnungen vom 8. September eine klare, explizite Grundlage in einem Gesetz in formellem Sinn. Die Anordnungen würden praktisch sämtliche Lebensbereiche betreffen. Die weitreichende Befugnis, für sämtliche Bereiche des wirtschaftlichen, des kulturellen und des privaten Lebens eine Zertifikatspflicht einzuführen, könne weder dem Covid-19-Gesetz noch dem Epidemiengesetz entnommen werden. Dabei verweist Kruse auf die Bundesverfassung, die für alle wichtigen rechtssendenden Bestimmungen ein Bundesgesetz verlangt.

Das Netzwerk schliesst aus der Einschätzung von Kruse und einer namentlich nicht genannten weiteren Anwaltskanzlei, dass die Gemeinden keine rechtliche Befugnis hätten, Zertifikate zu kontrollieren. Auch ist es aus der Sicht des Netzwerks vom Evangelium her keine Option, Menschen ohne Zertifikat von einer gottesdienstlichen Feier wegzuweisen. Für Gemeinden, welche die Zertifikatspflicht nicht umsetzen und gegebenenfalls gebüsst werden, erklärt sich das Netzwerk bereit, den Konktakt zur ungenannten Anwaltskanzlei zu vermitteln. Diese würde die Gemeinde dabei unterstützen, eine solche Busse anzufechten.

Durchsuchungsbefehl?

Diese Anwaltskanzlei äusserte gegenüber dem Netzwerk zudem die Meinung, dass die Polizei einen Durchsuchungsbefehl brauche, wenn sie in private Gemeinderäumlichkeiten möchte. „Ohne einen solchen muss man sie nicht einlassen, damit sie die Anzahl Personen überprüfen kann“, schreibt das Netzwerk.

Ein Blick in Verfassung, Gesetze und Verordnungen

Kruse weist für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für die aktuellen bundesrätlichen Verordnungen auf Artikel 36, Abs. 1 und Artikel 164, Abs. 1 der Bundesverfassung hin.

Die ab dem 13. September geltenden Bestimmungen des Bundesrats zur Anwendung des Covid-Zertifikats hat der Bundesrat in der sogenannten „Covid-19-Verordnung besondere Lage“ festgeschrieben. Diese Verordnung stützt sich laut ihrer Einleitung einzig auf Artikel 6 Absatz 2 Buchstaben a und b des Epidemiengesetzes. Dieser Artikel hält fest, dass der Bundesrat in einer „besonderen Lage“ hinsichtlich übertragbarer Krankheiten Massnahmen gegenüber Einzelpersonen und gegenüber der Bevölkerung anordnen kann – ohne die Massnahmen zu präzisieren. Von der Möglichkeit, ein Zertifikat oder einen Nachweis im Zusammenhang mit einer übertragbaren Krankheit zu verlangen, spricht das Epidemiengesetz nur im Artikel 41 im Zusammenhang mit der Ein- und Ausreise in die Schweiz (die Mitwirkungspflicht für die betroffenen Unternehmen ist im Artikel 43 des Epidemiengesetzes beschrieben).

Vom Parlament beschlossen und mehrmals angepasst wurde das Covid-19-Gesetz. Seit dem 20. März 2021 stehen im Artikel 6a des Covid-19-Gesetzes Bestimmungen zu „Impf-, Test- und Genesungsnachweisen“. Der Begriff „Zertifikat“ existiert in diesem Gesetz nicht. Der Artikel 6a thematisiert die Anforderungen an die Ausstellung und die Sicherheit des Nachweises, sowie dessen Finanzierung. Über die Anwendung des Nachweises und damit über seine mögliche Einforderung spricht sich das Gesetz hingegen nicht aus.

Nicht leicht zu überschauen sind die bundesrätlichen Bestimmungen rund um Covid nicht nur wegen der häufigen Aktualisierungen, sondern auch weil nebst der bereits erwähnten „Covid-19-Verordnung besondere Lage“ auch weitere Verordnungen erlassen wurden (unter folgenden Links sind die vollständigen, aktuell gültigen und alten Versionen zu finden):

(Artikel aktualisiert am 12.9.2021, 8.30h)

 

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