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Kolumne

Christen unter Beobachtung

05.10.2022

150 000 Franken hat der Kanton Zürich unlängst locker-
gemacht, um drei Organisationen zu unterstützen, die Frauen helfen aus dem Sexgewerbe auszusteigen. Letzte Woche sorgte die edle Tat für einen leichten Dämpfer. Der Tages-Anzeiger stellte nämlich fest, dass ein Drittel des Geldes an einen Verein geht, der Freikirchen nahesteht und sich eines christlichen Vokabulars bedient. Dies habe eine Recherche in den sozialen Medien gezeigt. Statt über die unhaltbaren Zustände der ausgebeuteten Frauen zu berichten und die Arbeit der betreffenden Organisationen zu würdigen, ging es lediglich um die Frage, ob man seinen christlichen Hintergrund einfliessen lassen darf und ob der Staat etwas finanzieren darf, das einen freikirchlichen Stallgeruch trägt. Regierungsrat Mario Fehr meinte dazu trocken: „Für mich spielt es keine Rolle, ob einzelne Organisationen einen christlichen Hintergrund haben oder nicht. Entscheidend ist, dass sie Frauen dabei helfen wollen, ein selbständiges Leben zu führen.“

Ähnlich liegen die Dinge in Bezug auf den Familienverein Pro Life, der eine Krankenkassenlösung mit Verzicht auf Abtreibungen anbietet. Einige Medien empörten sich jüngst darüber, dass die renommierte Krankenkasse Helsana eine Kooperation mit Pro Life einging, obwohl dieses Gebaren in der Branche gang und gäbe ist. In der aufgeheizten Situation um die Ereignisse in den USA war rasch von christlichen Fundis die Rede. Ein Farbanschlag auf Helsana, ein Protestbrief der SP-Frauen und eine parlamentarische Anfrage der Nationalrätin Tamara Funiciello untermalten die politische Brisanz, der Bundesrat hingegen sah keinen Handlungsbedarf.

Diesen Frühling sorgte das freikirchlich initiierte Lehrergebet in Safenwil für medialen Wirbel. Und auch hier gab’s politische Vorstösse, die indirekt dazu führten, dass das Gebet dem Frieden zuliebe sistiert wurde. Scheint so, als ob das Engagement von Christen, die sich häufig im sozialen und pädagogischen Bereich engagieren, zunehmend mit Argusaugen überwacht wird. Eigentlich schade, denn in Zeiten des Fachkräftemangels sollte ein solcher Einsatz eher gewürdigt statt hinterfragt werden. Natürlich gehört zu einer professionellen Arbeit auch eine gewisse Dialogbereitschaft. Aber deswegen seine Grundüberzeugungen verschweigen zu müssen, darf nicht die Lösung sein. Besonders nicht in einem Land, das die Glaubens- und Meinungsfreiheit hochhält. Deshalb: Ein Licht gehört auf den Leuchter und das Salz in die Suppe (frei nach Mt 5,13–16). 

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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