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Kolumne

Camping-Gott

27.07.2021

Rolf Höneisen
Rolf Höneisen

Liebe Leserin, lieber Leser, nein, an sich bin ich kein Camper. Zelten ist für mich aufwendig, streng. Was ich mit der Hand werke, wirkt unbeholfen. Dennoch verbrachten wir gefühlte zwanzig Sommerurlaube unter einem Stoffdach.
Warum? Campieren ist kostengünstig, die Kinder finden schnell Freunde, der Hund kann mit.

Doch nur ein Stück Stoff trennt drinnen von draussen. Die dich mit ihren Wohnmobilen einkesseln, wissen: Es ist ein Witz, sich in einem Zelt geborgen zu fühlen. Ein Zelt ist ein Haus auf Zeit, ein mit Heringen straff gespannter Regenschutz. Werden die Erdnägel gezogen, bricht alles zusammen.

Campieren bedeutet, sich schwach und verletzlich zu machen. Ein Regenguss wird zum Trommelwirbel, ein nächtliches Wort zum lauten Ruf, ein Lufthauch kann sich zum Sturm aufblähen. Beim Zelten haben wir zwischen sehr kalt bis ganz heiss jegliche Temperaturabstufung gefühlt. Manchmal drückten sich Sturm und Regen durch den als wasserdicht gekauften Zeltstoff. Einmal wurden wir wegen Hochwasser evakuiert. Den Rest der Nacht schliefen wir im Keller eines Restaurants. Als ich erwachte, blickte ich in eine Hundeschnauze! Das Tier ist heimlich in meinen Schlafsack gekrochen.

Wer im Zelt haust, verliert die verwegene Vorstellung, alles im Griff zu haben. Man fühlt sich nackter als anderswo, verletzlich, als Teil einer Schöpfung, die bedrohlich werden kann.

Campieren ist ein Bild für das Leben. Viren und Krankheiten, Stürme und Überschwemmungen lassen uns derzeit fragen, was unsere Sicherheit ist. Worauf ist Verlass, wenn es gefährlich, lebensgefährlich wird?

Ich vertraue dem „Camping-Gott“! Das schreibe ich mit Ehrfurcht. Der Logos, das Wort, wurde ein Mensch aus Fleisch und Blut, um mitten unter uns zu wohnen (vgl. Johannes 1,14). Das von Johannes verwendete Wort für „wohnen“ heisst genauer übersetzt „zelten“. Jesus schlug sein Zelt bei uns auf! Er machte sich verletzlich und erlebte, was es heisst, in Menschenhaut zu stecken.

Bevor Jesus sein irdisches Zelt wieder abbrach, verriet er etwas, was eine Perspektive aufschliesst, die uns nichts und niemand mehr nehmen kann: „Lasst euch nicht in Verwirrung bringen. Glaubt an Gott und glaubt auch an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. (…) Ich gehe jetzt voraus, um einen Platz für euch vorzubereiten. Und wenn ich dann alles vorbereitet habe, komme ich zurück und werde euch zu mir holen, damit auch ihr da seid, wo ich bin.“ (Johannes 14,2–3)

Mich würde es nicht überraschen, wenn Jesus keine Überbauung mit Mehrfamilienhäusern realisiert, sondern einen himmlischen Zeltplatz.

Rolf Höneisen, Chefredaktor

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