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Politik

Blocher kontert Jositsch zur „Ehe für alle“

22.07.2021

Bild: Weltwoche vom 22. Juli 2021 mit Artikel von Christoph Blocher zur „Ehe für alle“.
Bild: Weltwoche vom 22. Juli 2021 mit Artikel von Christoph Blocher zur „Ehe für alle“.

Zürich/Herrliberg (IDEA/dg) - Der Jurist und Alt Bundesrat Christoph Blocher (80, SVP) reagiert in der Weltwoche scharf auf einen Artikel des Strafrechtsprofessors und Zürcher SP-Ständerats Daniel Jositsch (56) zur „Ehe für alle“. Im Gegensatz zu Jositsch ist Blocher überzeugt, dass rechtlich gesehen „die verfassungsmässige und gesetzlich geordnete Verbindung zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts mit Ausschliesslichkeitscharakter“ sei.

Für Jositsch gilt Diskriminierungsverbot auch für die Eheschliessung

Jositsch stützte sich in seinem NZZ-Gastkommentar vom 12. Juli unter anderem auf den 2020 vom Volk beschlossenen Diskriminierungsartikel im Strafgesetzbuch. Gemäss diesem Gesetzesentwurf wird bestraft, wer eine öffentlich angebotene Dienstleistung einer Person wegen ihrer sexuellen Orientierung verweigert. Damit zeige – so Jositsch – der Gesetzgeber, dass er eine entsprechende Unterscheidung als Ausschlusskriterium im öffentlichen Bereich nicht toleriere. Daraus schliesst Daniel Jositsch auf den Ehebegriff: „Es wäre aber in der Tat unlogisch, wenn das Strafgesetzbuch jede Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verböte, während gleichzeitig bei der Eheschliessung eine entsprechende Unterscheidung vorgenommen werden könnte.“ Sachlich sei die Unterscheidung nicht zu rechtfertigen. Dabei räumt er ein, dass im „klassischen Verfassungsverständnis“ das Institut der Ehe auf heterosexuelle Paare beschränkt gewesen sei. Der Ehebegriff kommt in der Bundesverfassung nur im Artikel 14 vor: „Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet.“

Wie war der Ehebegriff beim Beschluss der Verfassung definiert?

Bei Jositschs Frage, ob dieserArtikel 14 zur Einführung der „Ehe für alle“ geändert werden muss oder nur zeitgemäss zu interpretieren ist, hängt Christoph Blocher ein. Er stellt Jositschs Frage eine andere gegenüber: „Welche Verfassung haben Volk und Stände aufgrund welcher zugehörigen Botschaft beschlossen?“

Christoph Blocher greift auf die Botschaft zurück, die der Bundesrat am 20. November 1996 zuhanden des Parlaments abgegeben hatte. Dabei ging es um die Vorbereitung der 1999 dann vollzogenen Verfassungsreform. In dieser Botschaft findet Blocher auf den Seiten 154 und 155 – wie er sagt – Klartext. Der Bundesrat schrieb damals: „Nach einer historischen Auslegung von Artikel 54 BV und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte garantiert das Recht auf Ehe die Verbindung zwischen Frau und Mann. Es erstreckt sich weder auf Ehen zwischen Transsexuellen noch auf homosexuelle Ehen.“ Ebenso anerkenne Artikel 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention das Recht auf Heirat und Familiengründung jedem Mann und jeder Frau zu, „vorausgesetzt, es handelt sich um eine Verbindung zwischen zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts“.

Ehe für gleichgeschlechtliche Paare kein Menschenrecht

Blocher unterlässt es nicht darauf zu verweisen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dieses Verständnis des Menschenrechts auf Ehe in einem ganz aktuellen Urteil bestätigt. Dass derselbe Gerichtshof für Menschenrechte, dem auch die Schweiz angeschlossen ist, bereits in vergangenen Jahren ein Menschenrecht auf Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ausdrücklich verneint hatte, darauf war Jositsch nicht eingegangen.

Blocher zitiert dann nochmals aus der Botschaft von 1996: „Eine Ausweitung auf alle Formen des Zusammenlebens würde heute dem Grundgedanken des Instituts Ehe widersprechen.“ Und der Alt Bundesrat kommentiert: „Genau darum wurde für homosexuelle Paare in meiner Amtszeit als Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements per 1. Januar 2007 ein spezielles gesetzliches Institut – das der ‚eingetragenen Partnerschaft‘ – geschaffen.“ Dass jetzt der Ehe-Begriff ohne Verfassungsänderung umgedeutet werden soll, nennt Blocher dann einen Trick, weil eine Verfassungsänderung nebst dem Volksmehr auch das Ständemehr verlangen würde.

Weitere Umdeutung bleibt unerwähnt

Weder Jositsch noch Blocher gehen in ihrem jeweiligen Artikel darauf ein, dass mit der Abstimmungsvorlage vom 26. September zur „Ehe für alle“ ein weiterer Begriff in der Verfassung stillschweigend umgedeutet wird. Die Vorlage gibt lesbischen Paaren offiziell Zugang zu Samenspende, also zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung. In der Bundesverfassung (Artikel 119) heisst es jedoch: „Die Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen nur angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann“. Bei einem Ja zur Vorlage würde „Unfruchtbarkeit“ neu als „unerfüllter Kinderwunsch“ gedeutet.

 

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