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"Das FMedG setzt für eine humane Gesellschaft falsche Signale"

16.04.2016

Parteiübergreifende Koalition will das neue Fortpflanzungsmedizingesetz zurückweisen. Foto: idea/chb
Parteiübergreifende Koalition will das neue Fortpflanzungsmedizingesetz zurückweisen. Foto: idea/chb

Bern (idea) - SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor warnte an der Medienkonferenz des Komitees "Nein zu diesem FMedG" vor den Missbrauchsrisiken. Addor ist der Meinung, dass das neue Gesetz hinführt zu einer schrankenlosen Selektion menschlicher Embryonen: "Nach einem Gentest liegen auch Ergebnisse vor, die nicht zur Selektion verwendet werden dürfen, zum Beispiel das Geschlecht des Kindes oder seine Augenfarbe. Sogar der Bundesrat gibt zu, dass in der Praxis eine Kontrolle darüber nicht möglich ist, dass wirklich nur schwere Erbkrankheiten eliminiert würden." Das Komitee besteht aus mehr als 50 Vertreterinnen und Vertretern von BDP, CVP, EDU, EVP, Grünen, SP und SVP. Mit dem Referendum will es eine flächendeckende Anwendung der Präimplantationsdiagnostik (PID), insbesondere die umstrittenen Gentests (Chromosomen-Screening) verhindern.

Auf dem Weg zu globalen Normalitätstests

Mathias Reynard, Nationalrat SP, kritisierte die Intransparenz und ungenaue Formulierung des vorliegenden Gesetzes: "Nirgends ist definiert, welche Erbkrankheiten oder chromosomalen Eigenschaften 'selektionswürdig' sind." Die Erfahrung in Grossbritannien zeige, dass die Liste mit den Auswahlkriterien stets erweitert werde. Dies führe letztlich zu "globalen Normalitätstests" zu Lasten der menschlichen Vielfalt.

Vielfalt statt Optimierungswahn

"Wir wollen keine genetisch optimierten Kinder, sondern Vielfalt statt Selektion. Wir engagieren uns für eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen dazu gehören", sagte Nationalrätin Christine Häsler von den Grünen. Die Fortpflanzungsmedizin gehe mit diesem Gesetz zu weit. Die Unterscheidung zwischen sogenannt lebenswerten und nicht lebenswerten Embryonen führe letztlich zu einer Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, denn sie würden dann als vermeidbares Risiko gelten. Auch Nationalrat Christian Lohr, CVP, setzte sich aus Überzeugung dagegen ein, dass bereits bei Embryonen eine Selektion stattfinden soll. Entschieden wehre er sich dagegen, einem unwürdigen Auswahlverfahren zuzustimmen."

Ausnahmen sollen nicht zur Regel werden

"Es ist falsch, vorgeburtliche Tests (PND) als Begründung für die Selektion von Embryos anzuführen", betonte CVP-Nationalrat Marco Romano. Bei der PND fände eine sehr schwierige Abwägung im Einzelfall statt. Das FMedG hingegen erlaube mit der PID ein technisiertes Selektionsverfahren, bei dem eugenisch alle Embryonen verworfen würden, die mit einem mutmasslichen Mangel behaftet seien. "Die Ausnahmesituation darf jedoch nicht zum Regelfall werden", mahnte Romano. Selbst Bundesrat Alain Berset hatte noch 2014 vor beiden Räten vor den eugenischen Tendenzen dieses Gesetzes gewarnt.

Diskussion über Konsequenzen, Leitplanken und Grenzen

"Wenn mancherorts im Ausland bereits weitgehend selektioniert wird, heisst das nicht, dass wir in der Schweiz unbesehen die gleichen Fehler auch machen müssen", begründete EVP-Nationalrätin Marianne Streiff-Feller ihr Votum für eine breite gesellschaftliche Diskussion über das Gesetz. Wenn neue Technologien wie die PID mit derart weitreichenden gesellschaftlichen, medizinischen und ethischen Konsequenzen eingeführt würden, brauche es zwingend eine grundlegende Diskussion um die Leitplanken und Grenzen für deren Umsetzung.

Antoine Suarez: "Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit"

Antoine Suarez von der Schweizerischen Gesellschaft für Bioethik erklärt in einer Stellungnahme, man bekämpfe des Gesetz nicht allein aus einer ethischen Motivation heraus - um die Menschenwürde zu verteidigen - sondern auch aus dem Grund der Gerechtigkeit: "Die Grundrechte gelten für alle Menschen unabhängig von Erbgut, Alter, Kultur, Religion, und darum auch für die Embryonen."

Ja zu PID, aber zu weite Formulierung des Gesetzes

2015 hatte das Schweizer Stimmvolk einer Verfassungsänderung zugestimmt, die die Einführung von Gentests an Embryonen, die Präimplantationsdiagnostik (PID) in der Schweiz grundsätzlich erlaubt. Das revidierte Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) regelt die konkrete Anwendung der PID im Detail. Es geht dabei viel weiter als der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrats. Denn es erlaubt Gentests und Selektion von Embryonen nicht nur bei einem Verdacht auf schwere Erbkrankheiten, sondern für alle künstlichen Befruchtungen, so dass zum Beispiel auch Down-Syndrom-Kinder ausgesondert werden können. Überzählige Embryonen dürfen tiefgefroren werden und müssen nach spätestens zehn Jahren vernichtet oder für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt werden. Gegen dieses Gesetz haben zahlreiche Organisationen das Referendum ergriffen. Am 5. Juni 2016 kommt es zur Volksabstimmung.

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