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Politik

Vorwurf: Erdogan baut in Berg-Karabach seine Macht aus

01.10.2020

Göttingen/Frankfurt am Main/Konstanz (idea) – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nutzt den erneut ausgebrochenen Konflikt in der Kaukasusregion Berg-Karabach aus, um seine Machtposition in der Region zu vergrößern. Davon ist der Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido (Göttingen), überzeugt. Er forderte die Bundesregierung in einer Pressemitteilung auf, gegenüber der Türkei härter durchzugreifen. Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach besteht seit über 30 Jahren. Völkerrechtlich gehört die Region, in der mehrheitlich christliche Armenier wohnen, heute zum muslimisch geprägten Aserbaidschan. Die Region wird aber von Armenien besetzt. Es ist die erste Eskalation seit 1994. Sido – er ist kurdischer Muslim – wirft dem türkischen Präsidenten vor, Tausende syrisch-islamistische Söldner in die Region Berg-Karabach entsandt zu haben. Viele junge Syrer, die in der Türkei lebten, hätten nur wenige Verdienstmöglichkeiten. So kämpften sie gegen Bezahlung in Libyen und nun auch in Berg-Karabach. Viele seien, so Sido, zusätzlich ideologisch motiviert, „weil sie ein armenisch und damit christlich besetztes Territorium angreifen“. Die Konflikte, in die die Türkei aktuell involviert sei, sollten weitere Menschen zur Flucht nach Europa zwingen, um so Erdogans „erpresserische Position“ aufrechtzuerhalten.

Zentralrat der Armenier: Religion wird für den Konflikt instrumentalisiert

Eine ähnliche Ansicht vertritt auch der Zentralrat der Armenier (Frankfurt am Main). So seien in den vergangenen Wochen sowohl die „Kriegsrhetorik“ als auch die Vorbereitung für den Krieg vonseiten Aserbaidschans durch Erdogan gestärkt worden, heißt es in einer Stellungnahme. Der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes, Serge Derhagopian, bezeichnete es gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea als „Skandal“, dass die Türkei als Konfliktfaktor in der gesamten Region keinen großen Widerstand durch westliche Nationen erlebe. Er betonte, dass es sich nicht um einen religiösen, sondern um einen territorialen Konflikt handele: „Religion wird hier instrumentalisiert, damit man mehr Resonanz in der islamischen Welt bekommt.“

Hilfswerk: Konflikt könnte die Ernte beeinträchtigen

Die christliche Menschenrechts- und Hilfsorganisation „Hoffnungszeichen“ (Konstanz) warnte indes in einer Mitteilung davor, dass der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan die ohnehin angespannte humanitäre Lage in Berg-Karabach zusätzlich verschärfen könnte. Das Werk ist nach eigenen Angaben seit 26 Jahren in der Region aktiv. Viele Menschen in Berg-Karabach lebten seit Jahren in schwierigen Verhältnissen. Die aktuellen kriegerischen Handlungen könnten die anstehende Ernte beeinträchtigen, so der Erste Vorstand des Werkes, Reimund Reubelt. Nur mit einem sofortigen Waffenstillstand und Gesprächen am Verhandlungstisch lasse sich der Streit um Berg-Karabach lösen. Seit 301 ist das Christentum in Armenien Staatsreligion. Es ist damit das älteste christliche Land überhaupt.

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