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Bericht

Opfer wollen kein Mitleid, sondern Jobs

15.11.2020

Sie geben Menschen Arbeit und Würde zurück: Tabea und Matthias Oppliger. Foto: Glowbalact
Sie geben Menschen Arbeit und Würde zurück: Tabea und Matthias Oppliger. Foto: Glowbalact

Tel Aviv (idea/id/Top-Publi) - In Tel Aviv nähen Frauen in den Produktionsräumen von KitePride seit einigen Wochen hochwertige Mund-Nasen-Masken. Die Nachfrage ist gross. Gleichzeitig entstehen hier modische Taschen und Accessoires. Das Grundmaterial liefern ausgediente Kitesurfing-Drachen, Yachtsegel und Fallschirme. Mit Liebe zum Detail entstehen neue Qualitätsprodukte - aus Abfall. Aber was noch viel wichtiger ist: Die hier arbeitenden Menschen erhalten die Chance für ein besseres Leben.In Israel gibt es rund 14 000 Sexarbeiter und -arbeiterinnen. Viele wollen aussteigen. Aber Geldprobleme, fehlende Job­alternativen oder ihre Ausbeuter halten sie zurück. Der Verein Glowbalact schafft Arbeitsplätze für Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel. Bei KitePride finden sie ein geschütztes Arbeitsumfeld, erfahren Teamarbeit, lernen Verlässlichkeit und bekommen den Raum, Probleme und Traumata aufzuarbeiten. Auch erhalten sie soziale und rechtliche Unterstützung.Die Geschichte von KitePride begann in ­Zürich. Die Begegnung mit einer Frau im Rotlichtmilieu liess Tabea Oppliger nicht mehr los. Wie es weiterging, erzählt sie im Buch "#nofilter" (Fontis). 2011 gründete sie den Verein "Glowbalact - Aktiv gegen Menschenhandel". Ihr Mann Matthias war 13 Jahre bei der Kriminalpolizei. Er kennt das Thema Menschenhandel von einer weiteren Seite. Matthias erzählt: "Wir haben gemerkt, dass ein wirtschaftliches Problem hinter dem Menschenhandel steckt. Viele Frauen kommen aus prekären Situationen. Deshalb gründete der Verein Glowbalact in Tel Aviv seine erste Firma." KitePride ist eines der wenigen Unternehmen in Israel, das Menschen aus Rehabilitationscentern und Schutzeinrichtungen eine Beschäftigung anbietet. Bis jetzt wurde 33 Frauen und Männern so eine Arbeit ermöglicht.

Pandemie und eine TV-Reportage

Die Corona-Pandemie trifft Israel hart. Die Arbeitslosigkeit schnellte hoch auf 21,5 Prozent! "Dank den zahlreichen Patenschaften und zusätzlichen COVID-Spenden musste KitePride niemanden entlassen", sagt Matthias Oppliger dankbar. Dann erzählt er von Josef (Name geändert), einem ehemaligen Schützling. Der sei nun wieder bei KitePride, weil er seine Selbständigkeit vorläufig aufgeben musste. Oppliger: "Es sind harte Zeiten für alle. Die finanzielle Unterstützung bietet Menschen wie Josef handfeste Hilfe." Viel Resonanz löste eine Fernsehreportage aus. Der israelische TV-Sender Channel 11 berichtete über Glowbalact bzw. KitePride. So gelangte die Geschichte der Familie Oppliger und die Arbeit der Sozialfirma in Millionen von israelischen Haushalten. Dies führte zu neuen Kunden und grösserer Bekanntheit. Und vor allem: Israels Regierung hat Glowbalact eine Zusammenarbeit angeboten. (Die TV-Sendung ist deutsch untertitelt auf YouTube/Glowbalact youtu.be/3aY69IMgMO0 zu sehen.)Derzeit entwickelt Glowbalact zusammen mit dem Arbeitsministerium ein Rehabilitations- und Arbeitsintegrationsprogramm, bei dem der Staat sich beteiligen könnte. Sollte dies gelingen, würde KitePride künftig noch mehr Menschen Ausbildung und Arbeit anbieten können.Matthias Oppliger zieht Bilanz: "Offen gesagt: Unsere Arbeit hier ist zum Teil sehr hart. Oft sind wir an unsere Grenzen ge-stossen und es schien, als ob wir aufgeben müssten. Doch laufend ergeben sich neue Geschäftsmöglichkeiten und Spender melden sich, die an unsere Arbeit und Vision glauben. Der Einsatz lohnt sich!" Gemeinsam mit Tabea habe er die Erfahrung gemacht, dass Gott immer wieder irgendwo eine Türe aufmache.

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