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Wäre Jesus ein guter Pfarrer, Thomas Schaufelberger?

27.09.2016

Thomas Schaufelberger: "In Zukunft wird der Glaube wichtiger."
Thomas Schaufelberger: "In Zukunft wird der Glaube wichtiger."

Thomas Schaufelberger, was ist ein guter Pfarrer, eine gute Pfarrerin?Ein guter Pfarrer sollte authentisch sein und überzeugen. Man sollte spüren, dass seine Botschaft und sein Leben übereinstimmen. Er sollte Menschen gerne haben und gerne mit ihnen unterwegs sein. Er sollte Unsicherheit aushalten, nicht zu früh Antworten geben, andere ermutigen etwas zu tun und sich zurücknehmen, sodass sich diese entfalten können.Ist das nicht ein enormer Anspruch? Die Pfarrschaft sollte volksnah und auch akademisch sein, den Auftritt lieben und sich bescheiden zurücknehmen, und einen Draht zu Kindern, Jugendlichen, deren Eltern, Erwachsenen und Senioren haben ...Natürlich, Pfarrer oder Pfarrerin ist ein unglaublich anspruchsvoller und auch spannender Beruf. In der Zukunft jedoch wird das Pfarramt nicht überall gleich aussehen. Je nach Kirchgemeinde werden das Anforderungsprofil und die Arbeit variieren. Es ist ein enormer Unterschied, ob ich in einem Dorf in den Bündner Bergen arbeite oder in einem Team einer fusionierten Kirchgemeinde in Zürich.Das sind beinahe zwei verschiedene Berufe?Ja. Da braucht es Flexibilität und Bewusstsein für die eigenen Stärken. Nicht jeder ist für das Basler Münster geeignet und nicht jeder für das Engadin. Deshalb ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass die richtigen Leute an die richtigen Stellen kommen.

Wie wichtig ist der persönliche Glaube?

Ohne religiöse und spirituelle Praxis geht es im Pfarramt nicht. In der Zukunft wird der Glaube noch wichtiger. Nicht in dem Sinn, genau zu wissen, was ich zu glauben habe, sondern im reformatorischen Sinn, als Suche mit all den existentiellen Zweifeln, Anfragen und Anfechtungen.Müssen Pfarrer und Pfarrerinnen an die Auferstehung Christi glauben?Unbedingt. Doch wie interpretiert man Auferstehung? Was bedeutet sie für mein Leben? Die reformierte Kirche muss die Stärke und Offenheit haben, ein Dach für die verschiedensten Frömmigkeitsarten zu bieten. Wir brauchen Pfarrerinnen und Pfarrer, die an die leibliche Auferstehung glauben ebenso wie jene, welche die Auferstehung auf ihre ganz persönliche Art verstehen. Für eine Kirche im reformatorischen Sinn ist es kein Problem, wenn sie über ein breites Spektrum an Pfarrpersonen verfügt, die unterschiedlich ticken. Wir Reformierte kennen keine Dogmen. In dieser Hinsicht ist die reformierte Kirche zukunftsfähig; auch ihre Mitglieder haben die verschiedensten Glaubensvorstellungen. Vielfalt ist Stärke.

Über Jahrhunderte bildete das Pfarrhaus ein geistliches, kulturelles und gesellschaftliches Zentrum.

Ja, das ist vorbei - jedenfalls flächendeckend verstanden.

Wollen Pfarrerinnen und Pfarrer sich nicht länger ganz in den Dienst der Kirchgemeinde stellen?

Die jüngeren Theologinnen und Theologen sowie deren Partner sind nicht mehr bereit, sich diesem Totalanspruch über ihr Leben zu unterziehen. Die romantische Vorstellung vom Pfarrhaus mit Pfarrfamilie und Pfarrfrau, die rund um die Uhr mithilft, ist ein Modell, das ausstirbt. Wir brauchen auch Konzepte für Leute, die nur teilzeitlich arbeiten wollen oder können.Wäre Jesus ein guter Pfarrer gewesen?Wir überlegen uns manchmal, ob Jesus nach dem neuen Kompetenzstrukturmodell für das Pfarramt geeignet wäre oder nicht. Mit seiner Art, wie er mit Menschen unterwegs war, wie er sie geprägt, ermutigt und ermächtigt hat, wäre er kein schlechter Pfarrer gewesen. Vielleicht sogar der beste.Interview: Tilmann ZuberDieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von "reformiert.", "Interkantonaler Kirchenbote" und "ref.ch". Abdruck mit freundlicher Genehmigung.Pfarrer Thomas Schaufelberger (48) leitet die Arbeitsstelle A+W, Aus- und Weiterbildung der reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer. Zusammen mit Pfarrerin Juliane Hartmann, Beauftragte für die Ausbildung und Weiterbildung, gab er das Buch "Perspektiven für das Pfarramt. Theologische Reflexionen und praktische Impulse zu Veränderungen in Berufsbildung und Ausbildung" (TVZ, 2016) heraus. Darin legen 18 Deutschschweizer Landeskirchen ein neues Ausbildungsmodell für das evangelisch-reformierte Pfarramt vor: das sogenannte Kompetenzstrukturmodell. www.bildungkirche.ch

Lesen Sie das ausführliche Interview im <link http: epaper.idea.de de profiles editions external-link-new-window external link in new>Wochenmagazin ideaSpektrum. Es geht um Fragen wie: Ist im Pfarramt der Zukunft um 17.30 Uhr Büroschluss?; Wird der Pfarrer oder die Pfarrerin in Zukunft zum Animator? Leidet die Qualität, wenn Laien auf die Kanzel steigen?

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